Angst vor Seuchen: Erste Cholerafälle in Pakistan
Unter den Flutopfern in Pakistan wächst der Ärger über die langsame Hilfe der Regierung. Hunderte aufgebrachte Pakistaner demonstrierten am Mittwoch in der Stadt Nowshera in einer der am stärksten von den Fluten betroffenen Gegenden. Sie forderten in Sprechchören eine bessere Versorgung mit Lebensmitteln und dringend benötigten Medikamenten.

Nach Schätzungen von Hilfsorganisationen leiden inzwischen mehr als 3,2 Millionen Menschen unter den heftigsten Überflutungen seit 80 Jahren.

Die aufgewühlte Menge blockierte eine Straße und warf mit Steinen auf vorbeifahrende Autos. "Wir sitzen hier mit leeren Händen und haben weder Geld noch etwas zu essen", sagte das Flutopfer Jalal Khan. "Unsere Kinder sterben in den Krankenhäusern, weil keine Medikamente da sind, nicht mal Impfstoff gegen die Cholera."

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Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) berichtet bereits von Cholera-Fällen in den Flutgebieten. Es seien zahlreiche Krankheitsfälle registriert worden, sagte der Leiter des DRK-Büros Islamabad, Dirk Kamm, am Mittwoch dem RBB-Inforadio. Außerdem gebe es viele weitere Durchfallerkrankungen. Schnelle medizinische Hilfe sei dringend nötig.

Die Überflutungen breiten sich derweil weiter gen Süden aus - und fließen im 3200 Kilometer langen Indus zusammen. Dieser bedroht nun zunehmend die Äcker und Orte in den Provinzen Punjab und Sindh. Dort wurden die Gebiete entlang des Flusses mit 200.000 Menschen evakuiert.

Nach Angaben von Saleh Farooqi, dem Chef der regionalen Katastrophenhilfe, könnten die Fluten hier bis zu eine Million Pakistaner treffen. Im Nordwesten Pakistans sei das Wasser in den vergangenen 24 Stunden zurückgegangen, sagte DRK-Büroleiter Kamm der Nachrichtenagentur dpa.

Die pakistanische Regierung und die Hilfsorganisationen versuchen weiter, sauberes Wasser, Lebensmittel und Medikamente in die betroffenen Gebiete zu bringen. Einige sind aber weiterhin schwer zu erreichen, weil die Verkehrsinfrastruktur weitgehend zerstört ist. Vor allem eine größere Region im Swat-Tal im Nordwesten des Landes ist von jeder Hilfe abgeschnitten.

Präsident auf Staatsbesuch

Auch Präsident Asif Ali Zardari wird in der Heimat von Opfern und der Opposition heftig kritisiert, weil er trotz der schlimmen Flutkatastrophe Staatsbesuche in Frankreich und Großbritannien absolvierte. "Was ist er nur für ein Mensch? Er hat kein Herz für sein eigenes Volk", sagte Demonstrant Abdullah Jaan in Nowshehra. Vor allem ein zweistündiger Abstecher Zardaris in einem Palais seiner Familie in der Normandie erregte die Gemüter.

Die pakistanischen Behörden versuchen derweil, mit 47 Armeehubschraubern und 450 Booten Tausenden Menschen zu helfen, die immer noch unter freiem Himmel leben. Die USA haben angekündigt, sechs Hubschrauber zum Transport zu schicken. Das UN- Welternährungsprogramm (WFP) schätzt, dass rund 1,8 Millionen Menschen in den kommenden sechs Monaten auf Hilfen aus dem Ausland angewiesen sein werden.

Auch deutsche Hilfe ist auf dem Weg. So machte sich am Mittwoch ein Konvoi von Care aus elf Lastwagen mit Zelten, Tüchern, Moskitonetzen, Plastikmatten, Küchenutensilien, Wasserreinigungstabletten und Hygieneartikeln in Pakistan auf dem Weg in die überflutete Provinz Khyber Pakhtunkhwa. Care, das DRK und andere Organisationen helfen zudem mit mobilen Kliniken.

dpa

Die Diakonie Katastrophenhilfe hat ein Spendenkonto für die Überschwemmungsopfer unter dem Stichwort "Fluthilfe Pakistan" eingerichtet (Konto 50 27 07, Postbank Stuttgart, BLZ 600 100 70).