Bischof Müller will neue Regeln bei Kirchenfinanzierung
In der Debatte um die staatlichen Gelder für die Kirchen geht der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller in die Offensive und will über neue Regelungen verhandeln. So solle es etwa bei den Bischofsgehältern ein eigenes Dotationssystem geben. Müller zielt auf Gespräche über das bayerische Konkordat von 1924.
03.08.2010
Von Bernd Buchner

Seit der Säkularisation von 1803 sei die Dotierung der Bischöfe ein ungelöstes Problem, sagte der katholische Oberhirte der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstag). "Es sieht so aus, als würden wir vom Staat bezahlt. In Wirklichkeit handelt es sich nur um die Renditen aus den enteigneten Kirchengütern." Seinerzeit habe es sich um die "Beraubung der Kirche durch die absolutistischen Fürstenstaaten" gehandelt.

Als erster Bischof ging Müller damit auf die Debatte über die rund 459 Millionen Euro ein, die dem Bericht zufolge die Bundesländer jedes Jahr an die beiden großen Kirchen überweisen. Diese Gelder sind Ausgleichszahlungen für die massenhafte Enteignung kirchlicher Besitztümer in der Säkularisation. Die FDP in Schleswig-Holstein, wo jährlich rund zwölf Millionen Euro fließen, hatte angesichts klammer öffentlicher Kassen eine Debatte um Kürzungen angestoßen.

"Mir geht es in erster Linie um die Freiheit der Kirche", betonte Müller. Die Kirche müsse vom Staat unabhängig sein. Seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts stünden "noch ein paar ungelöste Fragen offen", so der Geistliche. Schon 1924 wäre es besser gewesen, einen Ausgleichsfonds zu schaffen. Dieser sei damals wohl auch im Gespräch gewesen. Eine vergleichbare Einrichtung gab es nach dem Ende des Ersten Weltkriegs für das entmachtete bayerische Herrschergeschlecht der Wittelsbacher.

Der Staat außen, die Kirche innen

Der Regensburger Bischof will auch die Verantwortung für die bayerischen Kirchengebäude, die bisher beim Staat liegt, wieder zur Aufgabe der Kirche machen. Für deren Erhaltung solle eine Kirchenstiftung errichtet werden. Gegenwärtig ist etwa für den Außenbereich des Regensburger Doms der Staat zuständig, für die Innenausstattung dagegen die Kirche. Müller hält eine Überarbeitung des Konkordats, für das der Heilige Stuhl und der Freistaat Bayern zuständig wären, in absehbarer Zeit für möglich. "Ich denke, in fünf Jahren kann man das ordentlich hinbekommen."

Nach wie vor für nicht gerechtfertigt hält Müller den Rücktritt seines Amtsbruders Walter Mixa. Der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Kindern gegen den Augsburger Bischof sei "schnell in sich zusammengefallen. Das relativiert andere Vorwürfe." Mixa hatte Kinder geschlagen und Gelder aus einer Waisenhauskasse zweckentfremdet. Müller rief die Kirche auf, sie müsse "kritischer werden gegenüber öffentlich inszenierter Kritik".

Noch kein Treffen mit Missbrauchsopfern

Müller warnte in der Missbrauchsdebatte generell vor Vorverurteilungen. "Tausende von Priestern und Laien, die gut arbeiten, verdienen keine Kollektivbeschuldigung", sagte der Regensburger Bischof. Kirchliche Mitarbeiter seien nur für 0,1 Prozent der Untaten verantwortlich. Müller sagte, er persönlich habe sich bisher nicht mit Opfern getroffen. "An mich wurde bisher kein Gesprächswunsch herangetragen."

Indirekte Kritik übte Müller am Münchner Erzbischof Reinhard Marx wegen dessen Vorgehen im Missbrauchsskandal im Kloster Ettal. "Bei Personalentscheidungen muss immer die Gerechtigkeit an erster Stelle stehen", so der Regensburger Bischof. "Ich würde niemanden opfern, nur um ein Problem weniger zu haben." Marx hatte den Ettaler Abt Barnabas Bögle im Februar zum Rücktritt gedrängt. Inzwischen ist Bögle wieder im Amt. Der Vatikan attestierte ihm und Prior Maurus Kraß, sie hätten gemäß den diözesanen Leitlinien bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch gehandelt.

mit Material von dpa und epd