Karlsruhe stärkt Rechte unverheirateter Väter
Das Bundesverfassungsgericht hat das Sorgerecht für unverheiratete Väter gestärkt. Nach der derzeitigen Regelung können nicht verheiratete Väter nur mit Zustimmung der Mutter ein gemeinsames Sorgerecht erhalten.

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verlangt mehr Rechte für ledige Väter. Die bisherige Rechtsprechung, nach der Väter ohne Zustimmung der Mutter vom Sorgerecht für ihr nichteheliches Kind ausgeschlossen sind, sei ein "schwerwiegender Eingriff in das Elternrecht des Vaters", heißt es in der am Dienstag in Karlsruhe veröffentlichten Entscheidung (AZ: 1 BvR 420/09). Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) begrüßte den Beschluss und verwies auf bereits laufende Beratungen über eine Neuregelung der Rechtslage, die bereits nach einem Urteil des Europäische Gerichtshof für Menschenrechte begonnen hatten.

Auch die Karlsruher Richtern verlangten eine Neuregelung. Sie beanstandeten, dass der Gesetzgeber das Elternrecht des Vaters in unverhältnismäßiger Weise generell hinter das der Mutter zurücksetze, ohne dass dies durch die Wahrung des Kindeswohls geboten sei. Unvereinbar mit dem grundrechtlich garantierten Schutz der Familie und der Kinder (Artikel 6) sei auch, dass ein Vater bisher nicht gerichtlich überprüfen lassen konnte, ob ein gemeinsames Sorgerecht aus Gründen des Kindeswohls angezeigt ist.

Auch Gerichtshof kippte deutsche Regelung

Bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung ordneten die Richter des Ersten Senats an, dass auf Antrag eines Elternteils den Eltern gemeinsam die elterliche Sorge oder ein Teil der elterlichen Sorge übertragen wird. Soweit das dem Kindeswohl entspreche, "hat eine Übertragung der Alleinsorge zu unterbleiben", hieß es.

Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte in seinem Urteil vom 3. Dezember 2009 erklärt, dass der grundsätzliche Ausschluss einer gerichtlichen Überprüfung des alleinigen Sorgerechts für die Mutter im Hinblick auf das Kindeswohl nicht verhältnismäßig sei. Seit diesem Urteil arbeite ihr Ministerium bereits an einer Neuregelung zum Sorgerecht, erklärte Leutheusser-Schnarrenberger. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts bestärke sie in ihren Überlegungen, die Rechte der Väter nichtehelicher Kinder deutlich zu verbessern.

Den betroffenen Vätern sollten künftig Wege aufzeigt werden, wie sie auch ohne vorherige gerichtliche Entscheidung ihr Sorgerecht ausüben könnten. Ziel sei ein unbürokratisches Verfahren, bei dem das Wohl der Kinder Dreh- und Angelpunkt aller Überlegungen sei.

Kritik von Alleinerziehenden

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts stößt bei Alleinerziehenden wie bei der Initiative Väteraufbruch auf Kritik. Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter sprach von einem Skandal. Mit dem Urteil sei Streit vorprogrammiert, sagte Irina Kroeske von der Interessenvertretung am Dienstag. Dietmar Nikolai Webel vom Väteraufbruch sagte, die Rechtsposition der Väter werde nicht wesentlich gestärkt. Allerdings könnten die Väter für ihr Sorgerecht nun vor Gericht gehen. Das werde zu einer Prozessflut führen.

Webel nannte es problematisch, dass der Vater mit der Anerkennung seiner Vaterschaft nicht automatisch das Sorgerecht zugesprochen bekomme. Die Probleme seien erst lösbar, "wenn man sich nicht mehr um das Sorgerecht streiten muss", sagte er dem Nachrichtensender MDR info.

Kroeske sagte, viele nichteheliche Väter interessierten sich überhaupt nicht für ihr Kind und sollten deshalb kein unmittelbares Sorgerecht erhalten. Zudem sichere das Umgangsrecht ab, dass jeder Vater Kontakt zu seinem Kind haben könne. Das vom Gericht zugestandene zusätzliche Sorgerecht sei "falsch verstandener Liberalismus", sagte Kroeske dem epd.

epd