BA-Chef Weise gegen zu starke Fachkräfte-Anwerbung
In der Debatte um die Anwerbung ausländischer Fachkräfte hat der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank Jürgen Weise, zur Nutzung eigener Potenziale aufgerufen.

"Wir können nicht zulassen, dass Menschen in Arbeitslosigkeit sind, nur weil ihre Talente nicht genutzt werden", sagte Weise der "Financial Times Deutschland" (Montag).

Angesichts des Aufschwungs klagen viele Betriebe über einen Fachkräftemangel. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) forderte deswegen mehr Zuwanderung. Brüderle hatte eine Art Begrüßungsgeld vorgeschlagen, um ausländische Experten nach Deutschland zu locken.

BA-Chef Weise sieht die Anwerbung von Fachkräften erst als zweiten Schritt. "Wer qualifizierte Kräfte haben und halten will, muss etwas bieten das können die Unternehmen selbst gestalten, da braucht man nicht nach dem Gesetz zu rufen."

Das gelte vor allem angesichts des Mangels in der Kinderbetreuung, der viele qualifizierte Frauen daran hindere, zu arbeiten. "Das Kinderbetreuungsangebot reicht nicht aus, und die Kommunen haben in der Krise keinen Spielraum", sagte Weise. "Es ist auch Sache von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, das so zu organisieren, dass Familie und Beruf vereinbar sind", betonte der BA-Chef.

Bayerns Innenminister gegen leichtere Zuwanderung

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann lehnt Vorschläge ab, die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte nach Deutschland zu erleichtern. "Ich sehe überhaupt keinen Anlass, die Einwanderungsbestimmungen zu lockern", sagte der CSU-Politiker. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt unterstützt dagegen entsprechende Pläne von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP).

Deutschland sei auf die Kompetenzen qualifizierter Zuwanderer angewiesen, sagte der Chef der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) der "Bild"-Zeitung (Samstag). "Eine Zuwanderungspolitik, die sich am Bedarf des Arbeitsmarktes orientiert, führt zu mehr wirtschaftlicher Dynamik und damit auch mehr Beschäftigungsmöglichkeiten für Einheimische." Hundt sprach sich für ein Punktesystem aus, mit dem Zuwanderer nach persönlichen Qualifikationen wie Ausbildung, Berufserfahrung und Sprachkenntnissen ins Land geholt werden könnten.

Herrmann erinnerte an die mehr als drei Millionen Arbeitslosen in Deutschland. "Diese Menschen müssen wir zuerst für Berufe ausbilden, die gebraucht werden." Zudem gelte zum 1. Mai 2011 die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit für die osteuropäischen Länder, die neu in die EU aufgenommen wurden. «Ich rate deshalb dringend, erst einmal die Auswirkungen dieser Freizügigkeit abzuwarten», sagte Herrmann der "Welt" (Samstag). "Die CSU wird einer grundlegenden Änderung der Zuwanderungsregelung nicht zustimmen."

"Die besten Bewerber werden ausgewählt"

Brüderle hatte eine Art Begrüßungsgeld vorgeschlagen, um ausländische Experten nach Deutschland zu locken. Zuvor hatte sich Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) für die verstärkte Anwerbung ausländischer Fachkräfte ausgesprochen und dazu eine Absenkung der Einkommensgrenze von mindestens 64.000 Euro im Jahr für Zuwanderer ins Gespräch gebracht. Herrmann betonte, nach dem geltenden Recht könne schon heute jede Firma Mitarbeiter aus dem Ausland einstellen, wenn entsprechend qualifizierte Bewerber im Inland nicht zu finden seien. Das sei der richtige Ansatz.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte dagegen dem "Tagesspiegel" (Samstag): "Ein hoch qualifizierter Zuwanderer aus einem Nicht-EU-Staat bekommt derzeit erst ab einem Jahreseinkommen von 66.000 Euro eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung. Ein Einsteiger im Ingenieurberuf verdient aber nur 40.000 Euro." Er bekräftigte die Forderung nach einem System, bei dem Bewerber Punkte beispielsweise für Ausbildung und Sprachkenntnisse erhalten. "Die besten Bewerber werden ausgewählt."

dpa