Präses Schneider fordere Menschlichkeit und Maß ein "und auch ein Stück Verständnis dafür, dass ein Mensch in einer solchen Situation sich nicht immer so äußert und verhält, wie man es von ihm zu erwarten hätte", sagte Schneider, der auch Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland ist, der Online-Ausgabe der "Frankfurter Rundschau".
Schneider: Mehr Gerechtigkeit für OB Sauerland
Zwar trete Sauerland nach der Loveparade-Katastrophe sehr unglücklich auf und drücke sich ungeschickt aus. "Aber wenn ich höre, dass er Morddrohungen erhalten hat, bewacht wird und dass er auch seine Familie in Sicherheit bringen muss, dann ist dies für mich ein Zeichen der Maßlosigkeit im Äußern der berechtigten und verständlichen Wut", kritisierte der Theologe. Er trete sehr dafür ein, dass Sauerland Gerechtigkeit widerfahre. "Er war ja bis vor kurzem ein sehr respektiertes, ja beliebtes Stadtoberhaupt", fügte der gebürtige Duisburger hinzu.
Letztlich müsse Sauerland selbst sehen, ob er in einer Situation, in der er nicht mehr gefahrlos in die Öffentlichkeit gehen kann, noch Oberbürgermeister bleiben kann, sagte Schneider. "Eigentlich ist das für einen politischen Repräsentanten eine völlig unmögliche Lage. Wenn sich daran nichts ändert, wird er sein Amt schlechterdings nicht weiter ausüben können."
Seit der tödlichen Massenpanik auf der Loveparade am 24. Juli ist der Duisburger Oberbürgermeister Sauerland massiv unter Druck. Viele fordern seinen Rücktritt, den der Politiker jedoch verweigert.
Scharfe Kritik an Eva Herman
In der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag) äußerte Schneider scharfe Kritik an der ehemaligen Fernsehmoderatorin Eva Herman. Sie hatte in einem Internet-Blog die Loveparade als "Sodom und Gomorrha" bezeichnet und die Vorkommnisse als Strafe Gottes umschrieben. Schneider sagte, es gebe in der Bibel genügend Beispiele, in denen Jesus davor warne, solche Ereignisse mit einer Strafe Gottes gleichzusetzen.
Jesus mache klar, dass solche Vorkommnisse nichts mit Sünden des Einzelnen zu tun haben und stattdessen jeder bei sich selbst nachschauen solle. "Diese Empfehlung kann man Eva Herman nur geben", sagte Schneider. Nach kritischen Reaktionen hatte diese erklärt, sie habe die Opfer und ihre Angehörigen nicht verletzen wollen.
Ruhrgebiet muss etwas für sein Image tun
Präses Schneider hält trotz des Loveparade-Unglücks solche Veranstaltungen im Ruhrgebiet weiter für notwendig. "Das Ruhrgebiet hat ein großes Imageproblem und muss etwas für sein Ansehen tun", sagte Schneider der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag). Allerdings müssten künftig eine sorgfältige Vorbereitung und die Sicherheit der Menschen an erster Stelle stehen "unabhängig von Image oder Gewinn".
Eine zweite wichtige Lehre gelte es zu beherzigen: "Wir müssen maßvoll bleiben in der Aufarbeitung, in der Kritik und im Umgang miteinander. Man darf nicht überziehen", betonte Schneider. Bei der Katastrophe in Duisburg waren 21 Menschen ums Leben gekommen.