Lutheraner: Nahrung auf der Erde gerechter verteilen
Mit einem Appell für eine gerechtere Verteilung der Nahrung auf der Erde ist in Stuttgart die 11. Vollversammlung des Lutherischen Weltbunds (LWB) zu Ende gegangen.

Die rund 400 Delegierten prangerten am Dienstag in einer Abschlussbotschaft zudem Habgier als Ursache für soziale Ungerechtigkeiten an. Zum Ausklang der achttägigen Konferenz fand in der Stiftskirche ein feierlicher Abendmahlsgottesdienst statt. Der kirchliche Dachverband repräsentiert 70 Millionen Christen in rund 80 Ländern. Die Mitgliederzahlen steigen vor allem in Afrika und Asien, während sie in Europa und Nordamerika stagnieren.

Scharfe Kritik übte die Vollversammlung an der mangelnden Ernährungsgerechtigkeit in der Welt. 40 Prozent aller Nahrungsmittel würden nicht gegessen, sondern weggeworfen, hieß es. Die direkte Unterstützung von Hungernden müsse kombiniert werden mit mehr Bildungschancen. Damit sollen Menschen ermächtigt werden, für ihre eigenen Rechte und ein Leben in Würde zu kämpfen.

Plädoyer für Schuldenerlass

Der Lutherische Weltbund wolle zudem sein Engagement gegen Armut verstärken, das Bewusstsein für Umweltfragen und Klimaschutz schärfen und nachhaltige Entwicklung fördern, heißt es in der sieben Seiten umfassenden Botschaft. Weiter wollen sich die lutherischen Christen für den Erlass illegitimer Schulden einsetzen, die Gleichberechtigung von Frauen fördern und der Ausgrenzung von HIV-positiven Menschen in Kirche und Gesellschaft entgegentreten.

Der Lutheranerbund hatte auf seiner 11. Vollversammlung die Weichen für die Zukunft insgesamt neu gestellt. So steht der palästinensische Theologe Munib A. Younan künftig an der Spitze des LWB. Der 59-jährige Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land ist Nachfolger des US-amerikanischen Bischof Mark Hanson (63). Als kirchenhistorisch bedeutsam gilt die Vergebungsbitte der Lutheraner gegenüber der christlichen Täuferbewegung wegen Verfolgungen im 16. Jahrhundert.

Offene Kontroverse über Homosexualität vermieden

In der Debatte der lutherischen Kirchen über den Umgang mit Homosexualität kam es nicht zu einer offenen Kontroverse. Die Beratungen über die Haltung zur Homosexualität soll bis 2012 abgeschlossen werden, hieß es. Zum Thema Frauenordination hieß es, alle 145 Mitgliedskirchen sollten Frauen zu geistlichen Ämtern und Leitungspositionen zulassen. Rund 30 lutherische Kirchen im LWB lehnen die Frauenordination bislang ab.

Die 11. Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes stand unter dem Thema "Unser tägliches Brot gib uns heute". Das höchste LWB-Leitungsgremium tagt etwa alle sechs bis sieben Jahre. Wann und wo die nächste Vollversammlung stattfinden wird, steht nach Angaben des scheidenden LWB-Generalsekretärs Ishmael Noko noch nicht fest. Der aus Simbabwe stammende Noko war 1994 als erster Afrikaner in dieses Amt gewählt worden. Ihm folgt ab Herbst der chilenische Theologe Martin Junge (49).

Hier die wichtigsten Punkte der Vollversammlung im Überblick:

Leitungswechsel: Der palästinensische Theologe Munib A. Younan (Foto links) steht künftig an der Spitze des LWB. Der 59-jährige Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land folgt dem US-amerikanischen Bischof Mark Hanson (63). Der in Jerusalem geborene Younan gilt als streitbarer Kämpfer für einen gerechten Frieden im Nahen Osten und Förderer des interreligiösen Dialogs. Seine Wahl stieß in der weltweiten Ökumene überwiegend auf Zustimmung.

Neuer Generalsekretär: Die rund 400 Delegierten der Vollversammlung verabschiedeten in Stuttgart den langjährigen LWB-Generalsekretär Ishmael Noko (66). Der Mann aus Simbabwe war 1994 als erster Afrikaner in dieses Amt gewählt worden. Ihm folgt ab Herbst der chilenische Theologe Martin Junge (49, Foto rechts). Von 1996 bis 2000 war Junge Präsident der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Chile. Damit kommen sowohl der neue LWB-Generalsekretär Junge als auch der neue LWB-Präsident Younan aus den mit jeweils rund 3.000 Mitgliedern zahlenmäßig kleinsten Mitgliedskirchen des LWB.

Historische Vergebungsbitte: In einer bewegenden Zeremonie baten die Lutheraner die Mennoniten um Vergebung für die grausame und blutige Verfolgung im 16. Jahrhundert. Die kleine Freikirche der Mennoniten ist der Hauptzweig der Nachfahren der christlichen Täuferbewegung. Gestützt auf theologische Positionen der Reformatoren waren die Mennoniten von Lutheranern verfolgt und getötet worden. Dafür empfinde man nun "tiefes Bedauern und Schmerz", stellte die LWB-Vollversammlung einstimmig fest. Der mennonitische Weltverband nahm das Versöhnungsangebot an.

Homosexualität: In der Debatte der lutherischen Kirchen über den Umgang mit Homosexualität kam es nicht zu einer offenen Kontroverse. Die Beratungen über die Haltung zur Homosexualität soll bis 2012 abgeschlossen werden. Vor allem viele lutherische Christen aus Afrika und Osteuropa lehnen etwa eine Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften oder bekennende homosexuelle Pfarrer ab. Hingegen gibt es seit einigen Monaten etwa in Schweden die weltweit erste offen lesbische lutherische Bischöfin.

Frauenordination: Auch die Diskussionen über Frauen im Pfarramt sorgt in einigen lutherischen Kirchen für Besorgnisse und Unruhe. Die Vollversammlung forderte die 145 Mitgliedskirchen auf, überall Frauen in geistliche Ämter und Leitungspositionen zuzulassen. Rund 30 lutherische Kirchen lehnen die Frauenordination ab. "Der Schmerz dieses Ausschlusses und der Verlust ihrer Gaben bedeuten Leiden und Verlust für die ganze Kirche", heißt es in einer Resolution.

Klimaschutz: Die Delegierten rufen zur Förderung nachhaltiger Praktiken auf. Die Mitgliedskirchen sollen zur Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstosses beitragen, etwa durch weniger gedruckte Dokumente. Weiter wird angeregt, Erfahrungen des Deutschen Evangelischen Kirchentages bei der umweltfreundlichen Planung von Konferenzen aufzugreifen.

epd