"Der Mond und andere Liebhaber", 4. August, 20.15 Uhr im Ersten
Der Betrieb, in dem Hanna arbeitet, wird nicht bloß geschlossen, sondern gleich auch noch gesprengt. Ihre Tochter stirbt bei einem Verkehrsunfall. Die Liebe ihres Lebens entpuppt sich als Familienvater. Eine Vernunftehe, die sie daraufhin eingeht, endet schon einen Tag nach der Trauung. Und dann wird sie auch noch fies reingelegt: Sie übernimmt ein Lokal, "1a Lage" an einer vielbefahrenen Landstraße, das aber keine Gäste mehr hat; eine Brücke wird komplett erneuert, daher ist die Straße ewig lang gesperrt.
Bernd Böhlich, mehrfach mit dem Adolf Grimme Preis ausgezeichnet ("Landschaft mit Dornen"), erzählt mit "Der Mond und andere Liebhaber" eine im Grunde genommen traurige Geschichte. Aber er erzählt sie auf eine Art und Weise, die eher Mut macht, als zu deprimieren: weil Hanna jedes Mal wieder aufsteht, weil kleine Momente des Glücks sie immer wieder in Hochstimmung versetzen, selbst wenn es danach erneut abwärts geht. Und wenn sich niemand findet, dem sie ihren Kummer anvertrauen kann, redet sie eben mit sich selbst.
Natürlich gäbe es auch andere Darstellerinnen, die in dieser Rolle überzeugen würden, aber für Katharina Thalbach ist sie wie geschaffen: Kaum eine Schauspielerin spielt so authentisch wie sie proletarische Figuren. Für die Verkörperung von Hanna jedoch ist fast noch entscheidender, dass sie nie ihre Würde verliert, obwohl ihr neben den Schicksalsschlägen immer wieder auch kleinere oder größere Missgeschicke unterlaufen, die zum Teil von haarsträubender Absurdität sind und mitunter an puren Slapstick grenzen.
Thalbach, die auch die Hauptrolle in Böhlichs erstem Kinofilm "Du bist nicht allein" (2007) spielte, ist Mittelpunkt eines großartigen, nicht minder treffend besetzten Ensembles (Fritzi Haberlandt, Steffen Scheumann, Andreas Schmidt). Nicht minder wichtig ist die Musik. Dazu gehört auch ein Auftritt der großen DDR-Band Silly, deren neue Sängerin, die Schauspielerin Anna Loos, das Lied von der Gier nach Glück singt. Da strahlt Hanna, weil sie sich in diesem Lebensgefühl wiedererkennt. Und am Ende der Geschichte fährt (in Gestalt von Detlev Buck als Fernfahrer) sogar die Hoffnung vor.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).