"Bella Block: Weiße Nächte", 31. Juli, 20.15 im Zweiten
Durch Zufall kommt die Hamburger Polizei einem lukrativen Menschenhandel auf die Spur: Schwangere Russinnen werden nach Deutschland gelockt, bringen hier ihr Baby zu Welt und verschwinden wieder; die Säuglinge werden an Eltern verkauft, die aus verschiedensten Gründen keine Kinder adoptieren können. Das Geschäft fliegt auf, als kurz hintereinander zwei Mütter tot aufgefunden werden. Komponist Karim Sebastian Elias hat enormen Anteil an der Wirkung dieses "Bella Block"-Krimis: weil er es vortrefflich versteht, Stimmungen aufzunehmen, ohne sie gleich emotional zuzukleistern. Und Gefühle spielen in dieser Geschichte von Katrin Bühlig eine große Rolle, obwohl doch die Titelheldin ihre Anteilnahme gewöhnlich gern hinter Unleidlichkeit verbirgt.
So lange er in Hamburg spielt, ist der Film (Regie: Christian von Castelberg) restlos überzeugend. Und mehr als das: Erst gegen Ende zeigt sich, wie clever das Drehbuch den Einstieg in die Handlung konstruiert hat. Dann aber schickt Bühlig ihre Heldin (Hannelore Hoger) gemeinsam mit dem Lebensgefährten Simon Abendroth (Rudolf Kowalski) nach St. Petersburg. Auf dem fremden Terrain kommt die Handlung prompt ins Schlingern; das Drehbuch strapaziert die Gutgläubigkeit des Publikums ziemlich. Die Hamburger Hebamme (Gabriela Maria Schmeide) ist ihrem Geliebten, dem Drahtzieher (Thomas Sarbacher) des Menschenhandels, nach Russland gefolgt. Der Kerl hat sie jedoch bloß benutzt und will sie aus dem Weg räumen; nur gut, dass Bella Block dank ihrer Spürnase ahnt, wer in dem Sarg liegt, der vor ihren Augen verladen wird. Ihr Freund Simon (Rudolf Kowalski) hat ebenfalls mehr Glück als Verstand, als er den Schurken durch die Stadt verfolgt, ihn im Getümmel verliert und dann durch Zufall wiederfindet; auch St. Petersburg scheint bloß ein Dorf zu sein.
Der Betriebsausflug hat ohnehin vor allem den Grund, Verständnis zu wecken. Außer Burska und der Ärztin sind die Beteiligten ausnahmslos Opfer. Selbst die kühle Polizistin kann sich der Argumentation der Hebamme nicht verschließen, die auf ihr Gewissen verweist: weil sie Babys rettet, die ansonsten abgetrieben würden; und weil sie Frauen glücklich macht, die nach deutschem Recht etwa aus Altersgründen nie ein Kinder adoptieren könnten.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).