"Hengstparade", 30. Juli, 20.15 Uhr im Ersten
Kaum eine Schauspielerin kann so herrlich indigniert dreinblicken wie Christiane Hörbiger. In der Krimikomödie "Hengstparade" nach dem gleichnamigen Roman von Gaby Hauptmann hat sie allerdings kaum Grund dazu, denn das Schicksal meint es ziemlich gut mit Hella Fischer: Die renommierte Gerichtsreporterin ist zwar gerade von ihrem Arbeitsgeber in den Status der Freiberuflerin wegrationalisiert worden, macht aber nicht den Eindruck, als bereite ihr das sonderlich Kopfzerbrechen. Eher schon der Kummer ihrer Tochter Karin (Eva Herzig), denn die wähnt ihren Freund auf Freiersfüßen; in fremdem Revier, versteht sich. Und weil Hella Fischer ihrer Tochter nichts abschlagen kann, macht sie sich trotz einer Phobie gegen alle Vierbeiner „vom Dackel aufwärts“ umgehend auf den Weg zu jenem mondänen Gestüt, auf dem Karins Galan (Michael Roll) seine Reitferien verbringt. Tatsächlich ist Sabine Lex (Katja Studt), die Tochter des Gutsbesitzers, nicht von schlechten Eltern, doch Hella lässt sich alsbald von viel angenehmeren Dingen ablenken: In der Nachbarschaft des Hofs lebt ein Eremit (Michael Mendl), dessen knorrigem Charme sie nicht eine Minute wiederstehen will.
Doch das junge Glück wird heftig getrübt, als die Schwester des Gutsbesitzers vom Pferd und in den Tode stürzt. Manches spricht dafür, dass hier jemand nachgeholfen hat, doch wer? Ihr Bruder, um den Hof endlich allein zu besitzen? Die Frau des Tierarztes, weil ihr Mann zu deren Lebzeiten ein Auge auf die Tote geworfen hatte? Oder gar Kurt Schleyer, der Eremit und Gentleman, der sich als ihr Ex-Gatte entpuppt und mit Hilfe des Erbes auf einen Schlag aller Schulden ledig wäre? Hella Fischer ermittelt, muss aber zunächst damit leben, dass nun an Kurt ist, angesichts ihres Verdachts indigniert dreinzuschauen. Aber das Testament der Toten ist ohnehin verschwunden.
Anders als andere Bücher der Bestsellerautorin vom Bodensee („Suche impotenten Mann fürs Leben“), die mit Hilfe von Felix Huby erstmals einen eigenen Roman auch selbst adaptiert hat, ist „Hengstparade“ fast schon männerfreundlich; auch wenn die Herren selbstredend hinter dem Liebreiz der Damen zurückstehen müssen. Doch die Darsteller fühlen sich in ihren Rollen spürbar wohl; Frau Hörbiger muss allerdings vor lauter Schmachterei mitunter wie ein Backfisch gucken. Der Rest ist Freitagsfernsehen: Das Licht suggeriert permanenten Sonnenuntergang, die Musik klebt jede Pore zu. Dafür sorgt Regisseur Michael Kreindl mehrfach mit teilweise waghalsigen Kamerafahrten für ein etwas unmotiviertes Kontrastprogramm, aber da seine Form von Filmsprache ohnehin etwas stotternd wirkt, fällt das kaum auf.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).