Weltverbesserung ist ein mühsames Geschäft - das wissen die Macher von Wikileaks. Ihre Internet-Plattform soll helfen, den Mächtigen genauer auf die Finger zu schauen und Skandale aus dem Verborgenen an die Öffentlichkeit zu zerren. Doch die nötigen Spenden für Server und Köpfe aufzubringen, fällt der geheimnistuerischen Organisation schwer. Ihr neuester Coup - die Veröffentlichung von US-Militärdokumenten über den Afghanistan-Einsatz - könnte helfen, die Finanzierung für die nächsten Jahre sicherzustellen.
Im vergangenen Herbst sah es düster aus für die Plattform: Über ein Spendenkonto bei der Wau-Holland-Stiftung aus dem Umfeld des deutschen Chaos Computer Clubs kamen lediglich 2.000 bis 3.000 Euro pro Monat zusammen. Das war viel zu wenig, um den aufwendigen Betrieb der Serverplattform und die Reisekosten des Enthüllungsnetzwerks zu finanzieren von Gehältern für die Vollzeit-Beschäftigten des Projekts ganz zu schweigen. Wikileaks-Kopf Julian Assange sprach in Interviews davon, dass mindestens 200.000 Dollar pro Jahr nötig seien - besser noch 600.000 Dollar.
Klassische Medien helfen mit
"Erst als Wikileaks vorübergehend seinen Betrieb einstellen musste, zogen die Spenden deutlich an", sagte Stiftungssprecher Hendrik Heye Fulda der Deutschen Presse-Agentur. Bis zum Frühjahr seien mehr als 400.000 Euro zusammengekommen. Genug, um gut ein Jahr lang weiter zu arbeiten. "Nachdem Wikileaks dann erneut online ging, gingen aber die Spenden wieder auf das alte niedrige Niveau zurück." Fulda geht davon aus, dass die Wau-Holland-Stiftung das Gros der globalen Einnahmen von Wikileaks besorgt.
Die klassischen Medien spielen bei der Finanzierung eine entscheidende Rolle. Von den Medienpartnern des aktuellen Scoops hat Wikileaks nach Angaben von Spiegel-Chefredakteur Georg Mascolo zwar kein Geld erhalten. Mit der weltweiten Aufmerksamkeit für das Enthüllungsnetzwerk dürfte es der Stiftung jedoch leichter fallen, Geld einzuwerben.
"Das Spendenvolumen ist immer dann hoch, wenn Menschen bewusst verstehen, dass das, was wir machen, wichtig ist", sagt Daniel Schmitt, der die Organisation in Deutschland vertritt und wie die meisten seiner konspirativen Kollegen seinen richtigen Namen nicht nennen will. "Wir brauchen jemanden, der den Zugang zum Material aufmacht und das sind die klassischen Medien."
Keine Spenden von Unternehmen
Sei das Thema erst bekannt, falle es Laien leichter, sich das Originalmaterial anzusehen und durchzustöbern, ist sich Schmitt sicher. Je mehr Menschen die Plattform nutzen, desto mehr spenden auch - auf diesen Effekt, der auch vom Online-Lexikon Wikipedia bekannt ist, hoffen die Macher. Zuwendungen von Unternehmen und Regierungen lehnen die Aktivisten ab, um ihre Glaubwürdigkeit nicht zu beschädigen.
Der Afghanistan-Coup macht Assange, Schmitt und Co. Hoffnung auf mehr. "Gerade bei solch großen Veröffentlichungen sehen wir immer wieder, dass wir viel mehr Ressourcen gebrauchen können, um die Arbeit zu bewältigen", sagt Schmitt.
Während die Weltverbesserer den finanziell Engpass erst einmal überbrückt haben, tut sich eine andere Lücke auf: Es fehlt an vertrauenswürdigen Mitstreitern, die Dokumente überprüfen. "Wir erhalten jede Menge hochrangige Enthüllungen der 'Whistleblower' genannten Informanten", sagte Assange kürzlich bei einer Konferenz. "Wir haben aber nicht genügend Leute, um diese Informationen verarbeiten zu können." Nicht jeder darf im Geheimzirkel der Weltverbesserer mitmachen.