Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig fällt heute ein Urteil zur Beobachtung der Linkspartei durch den Verfassungsschutz. Die Richter sollen klären, ob die Verfassungsschützer ein Dossier über den thüringischen Fraktionschef der Linken, Bodo Ramelow, aus öffentlich zugänglichem Material anlegen dürfen. In den Vorinstanzen hatte sich Ramelow durchgesetzt - allerdings mit dem Hinweis auf seinen Einzelfall. "Ich hoffe, dass das Bundesverwaltungsgericht jetzt grundsätzlich wird", so Ramelow.
Stimmen zur Beobachtung der Linkspartei
Der Linke-Politiker will vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen, falls ihm das Bundesverwaltungsgericht nicht recht gibt. "Ich erwarte, dass die Beobachtung meiner Partei in Gänze eingestellt wird", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung" (Mittwoch). "Ich kann nicht akzeptieren, dass sich das Bundesamt für Verfassungsschutz dazu selbst legitimiert." Die Diskriminierung bestehe darin, dass alle Abgeordneten der Bundestagsfraktion namentlich erfasst seien, das sei "skandalös".
Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), betonte dagegen: "Grundsätzlich ist die Linkspartei vom Verfassungsschutz zu beobachten, weil es einen fließenden Übergang von Teilen der Linkspartei zu linksextremen und teilweise auch gewaltbereiten Gruppierungen gibt." Bei Abgeordneten der Linkspartei sei hingegen Vorsicht geboten. "Das sind frei gewählte Abgeordnete. Hier ist eine Grenzziehung nötig."
Der Grünen-Chef Cem Özdemir forderte ein Ende der Ausforschung durch den Verfassungsschutz: "Ich finde die Gleichsetzung der Linken mit der NPD oder anderen extremistischen Parteien insgesamt verfehlt", sagte Özdemir der "Berliner Zeitung". Die Linke arbeite nicht konspirativ, selbst die Kommunisten in ihren Reihen agierten in einem öffentlichen Umfeld. Die Partei sollte daher nicht geheimdienstlich, sondern politisch gestellt werden, sagte Özdemir.
Ein redegewandter Kämpfer für die Linke
Mit großer Leidenschaft und rhetorisch geschult kämpft der Thüringer Fraktionschef der Linken, Bodo Ramelow, um sein Recht - und meist um das Ansehen seiner Partei. Wie auch jetzt wieder vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, wo seine Beobachtung durch den Verfassungsschutz verhandelt wird. Die Genugtuung über Erfolge in den ersten Instanzen kann er kaum verhehlen.
Der 54 Jahre alte gebürtige Niedersachse hat erfahren, dass sich der Einsatz lohnt. Der gelernte Kaufmann, der nach der Wiedervereinigung den Vorsitz der Thüringer Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen übernahm, machte mit spektakulären Aktionen auf sich aufmerksam. So handelte er mit der Treuhand Verträge für die Kali-Kumpel von Bischofferode aus, obwohl er gar nicht zuständig war. Vor rund zehn Jahren stieß er zur Linken und übernahm schnell Führungsaufgaben.
Die Glückssträhne endete jäh mit dem Scheitern bei der Bildung einer rot-rot-grünen Koalition in Thüringen im vergangenen Jahr. Die SPD sprach der Linken nach wochenlanger Sondierung die Regierungsfähigkeit ab und koalierte mit der CDU. Damit platzte Ramelows Traum, seine Partei in die Regierung zu führen. Für dieses Ziel hatte er sogar angeboten, auf das Amt des Ministerpräsidenten zu verzichten, obwohl die Linke mit 27,4 Prozent der Stimmen stärker war als SPD (18,5) und Grüne (6,2) zusammen.
Damit handelte sich Ramelow viel Kritik aus den eigenen Reihen ein und verspielte einen Teil seines guten Rufes, den er sich zuvor auf Bundesebene erarbeitet hatte. Er war 2005 als Bundestagsabgeordneter nach Berlin gegangen. Dort wurde er Vizefraktionsvorsitzender und Wahlkampfleiter. Sein Name stand für die Fusion der PDS mit der WASG zur Linken, die anschließend den Sprung in einige Parlamente im Westen schaffte.
Das Berliner Engagement gab Ramelow für die Landtagswahl in Thüringen auf. Da er weder "Landesvater" noch Minister werden konnte, blieb ihm nur der Fraktionsvorsitz. Damit wirkt der zweifache Vater, der zum dritten Mal verheiratet ist, deutlich unterfordert. Viele glauben, dass es ihn wieder nach Berlin zieht. Bereits im vergangenen November hatte er zaghaft seinen Hut für den Bundesparteivorsitz in den Ring geworfen - allerdings mit dem Zusatz, den Job von Thüringen aus erledigen zu wollen.