Hamburgs CDU in Aufruhr - doch Ole von Beust schweigt
Als täte sich die Hamburger CDU mit dem Volksentscheid zur Schulreform nicht schon schwer genug. Nun hat auch noch ein Rennen um die Nachfolge von Bürgermeister Ole von Beust begonnen - obwohl noch nicht einmal klar ist, ob er überhaupt zurücktritt. Und das Stadtoberhaupt selbst äußert sich nicht.
16.07.2010
Von Markus Klemm

Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust urlaubt auf Sylt und schweigt - während seine CDU ob der anhaltenden Rücktrittsgerüchte um den Regierungschef langsam in Panik gerät. Wie aus der Partei zu hören ist, wird inzwischen gar nichts mehr ausgeschlossen, auch nicht, dass Beust tatsächlich noch am Sonntag während des Volksentscheids zur Schulreform seinen Amtsverzicht erklärt. Parteichef Frank Schira sagt in einem Zeitungsinterview zwar noch tapfer: "Die Frage stellt sich gar nicht." Fügt dann aber an: "Wir haben einen guten Bürgermeister und hoffen, dass er es noch lange bleibt."

Um einen möglichen Rückzug Beusts von der Spitze der ersten schwarz-grünen Koalition auf Landesebene gibt es seit Wochen Gerüchte. Dem 55 Jahre alten Regierungschef wird nach fast neun Jahren als Bürgermeister Amtsmüdigkeit nachgesagt. In der Vergangenheit hatte Beust erklärt, sich rund ein Jahr vor der nächsten Bürgerschaftswahl Anfang 2012 über seine Zukunft zu äußern. Als dann die Gerüchte über einen rascheren Amtsverzicht die Runde machten, ließ er einen Termin offen, verwahrte sich jedoch dagegen, amtsmüde zu sein.

Alles nur "Gequatsche"?

Nun äußert er sich gar nicht mehr, ließ lediglich ausrichten, zu dem "Gequatsche" nicht Stellung nehmen zu wollen. Genau dieses "Gequatsche" will Schira aber nun unbedingt aus der Welt schaffen. Zumindest hat er den CDU-Vorstand noch für Sonntagnachmittag in die vornehme CDU-Villa am Leinpfad gebeten, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Der Bürgermeister wird dabei ebenfalls erwartet.

Viel Zeit hat Schira nicht. Ohne Not hat Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) zum Leidwesen des Parteivorsitzenden in einem Interview überraschend erklärt, dass er sich das Bürgermeisteramt grundsätzlich vorstellen könne. Dabei war in einer Art Abkommen schon lose vereinbart, dass irgendwann Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) Beust beerben soll. Im Gegenzug durfte Schira als Nachfolger des zurückgetretenen Michael Freytag Parteivorsitzender werden.

Für Schira - erst knapp drei Wochen offiziell an der Spitze der Hamburger CDU - dürfte dies zur ersten großen Bewährungsprobe werden. In der Vergangenheit musste er nur teils immer noch nicht von der Schulreform überzeugte Parteimitglieder in Schach halten, was ihm dank Beust nicht sonderlich schwer fiel. Schließlich konnte der CDU- Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft stets auf den Bürgermeister verweisen, der nach einem radikalen Meinungswechsel in der Vergangenheit nun keine Gelegenheit ausließ, für sechsjährige Primarschulen zu werben.

Maulkorb vom neuen Landesvorsitzenden

Inzwischen warnt Schira seine Parteikollegen vor unbedachten Stellungnahmen in Sachen Bürgermeister: "Ein jeder sollte abwägen, ob und wie er sich dazu äußert." Noch mehr Unruhe kann er definitiv nicht brauchen. Schließlich ist längst nicht ausgemacht, dass Schira und Innensenator Ahlhaus mit ihrem "Pakt" durchkommen. Denn bei den Grünen (GAL) gilt der frühere Hardliner Ahlhaus in der CDU als nur schwer vermittelbar - erst recht als Bürgermeister. Mit Sozialsenator Wersich wiederum, bei der GAL als weltoffener Christdemokrat geschätzt, tun sich die Konservativen in der CDU schwer.

So oder so, ein überhasteter Rückzug des Bürgermeisters wäre für die Hamburger CDU eine Katastrophe. Beust gilt als Garant für gute Wahlergebnisse, könnte selbst bei einem verlorenen Volksentscheid zur Schulreform Schlimmeres verhindern. Denn trotz der derzeit schlechten Umfragwerte für die Partei mögen die Hamburger ihren Regierungschef nach wie vor sehr. Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Hans Kleinsteuber von der Universität Hamburg muss es bei einem Rückzug Beusts Neuwahlen geben. Genau das triebe Schira jedoch den Angstschweiß auf die Stirn. "Denn dann wäre die CDU wahrscheinlich weg vom Fenster", sagt Kleinsteuber der "Hamburger Morgenpost". 

dpa