Kaputtes Klima: Im Zug, am Zug und überhaupt
Es ist heiß in Deutschland, und die Bahn hat ein Problem mit Klimaanlagen. Doch echte Pendler wissen das nicht erst seit dem Chaos-Wochenende. Unsere Kolumnistin ist da eine echte Expertin.
16.07.2010
Von Ursula Ott

Meine Woche vom 12. bis 16. Juli

Montag

Sommerschlussverkauf bei der Bahn. So eine Pleite, das Hitze-Wochenende bei der Bahn. Aber was heißt die Meldung bei Bild, Experten hätten schon früher gewarnt vor dem Problem mit den Klimaanlagen? Der Experte heißt - aber hallo! - evangelisch.de. Leute, das haben wir schon vor 14 Tagen in dieser Kolumne erzählt, dass Klimaanlagen ausfallen, zum Beispiel im Intercity von Frankfurt nach Ulm. Und das kennt, mal ganz ehrlich, jeder regelmäßige Bahnfahrer. Und definitiv auch die Bahn selber seit Jahren.

Dienstag

Alle reden über kaputtes Klima im Zug, wir reden jetzt mal über kaputtes Klima am Zug. Wer zum Beispiel am Frankfurter Hauptbahnhof bei Häagen Dasz einen sogenannten Eiskaffee kauft, kann auch gleich einen heißen Latte Macchiato kaufen. Warme Plörre. Wer ein Käsebrötchen kauft, kann aufs Überbacken verzichten. Und wer Wartezeit in der DB-Lounge verbringt, ist selber schuld. Die haben auch keine Klimaanlage, sondern einen Puste-Ventilator. Hab mich neulich kurz davor gesetzt, da kam eine mütterliche, nette Servierkraft. "Sie setzen sich da weg, sonst sind Sie morgen krank!" Das fand ich zwar sehr bestimmt – noch hat die Bahn keine Sorgerecht für mich übernommen. Aber nett. Sie machen ja auch nicht alles falsch bei der Bahn.

Mittwoch

Und wenn sie was richtig machen, werden sie auch gescholten. Ich bin mit einem Kollegen aus Hannover verabredet, aber der kommt zwei Stunden später. Sein Zug wurde – wegen defekter Klimaanlage – evakuiert, stattdessen wurde er in einer S-Bahn bis Hamm in Westfalen gefahren, von dort ebenfalls per Regionalbahn bis Köln. War schön kühl, dauerte aber ewig, und alle waren sauer. Es ist schwer, das Richtige zu tun bei dieser Hitze. Richtig wäre gewesen, vor Jahren Klimaanlagen einzubauen, die mehr als 32 Grad aushalten. Im Moment kann ja nur Krisenmanagement betrieben werden.

Donnerstag

Das schlechteste Krisenmanagement ist jedenfalls: Schuld auf andere schieben. Rüdiger Grube, der Bahnchef, redet heute morgen im Deutschlandfunk viel vom Hersteller der Klimaanlagen. Das ist doof. Ich kann ja auch schlecht, wenn in meiner Wohnung einer über den Teppich stolpert, den Teppichhersteller verklagen. Und dann sagt er noch, dass er 2014 neue ICs bestellt, die bis 45 Grad aushalten. 2014? Ich weiß nicht, ob meine Bahncard da noch gilt.

Freitag

Neueste Nachricht: Das Ölleck von BP ist gestopft. Ach, Mensch, das gabs ja auch noch. Hätte man glatt vergessen vor lauter Klimachaos bei der Bahn. Irgendwie war das nachrichtentechnisch eine gute Woche für BP, lange nicht auf der Seite 1 der Bild gewesen. Wahrscheinlich haben sie nachgeholfen bei den kaputten Bahn-Klimaanlagen. Es ist jedenfalls schwer, sich dieser Tage von A nach B zu bewegen, ohne was falsch zu machen. Bei der Bahn verglüht man, die Mineralölindustrie ist ökologisch total verkommen. Und Autos sind bei dem Wetter auch kein Spaß – auf der A3, die wir gestern von Köln nach Frankfurt gefahren sind, lagen so viele hitzegeschädigte Wracks am Rand wie selten. Und übrigens ein herrenloser Wohnwagen, einfach so im Graben. Da hat vielleicht einer sein altes Leben bei Medenbach zurück gelassen und hat Gas gegeben. Schönen Sommer!


Über die Autorin:

Ursula Ott, 45, ist stellvertretende Chefredakteurin von chrismon, Chefredakteurin von evangelisch.de, Mutter von zwei Kindern und pendelt täglich zwischen Köln und Frankfurt. www.ursulaott.de.

Neu im Buchhandel: Ursula Ott: "JA TOLL - Geschichten, die immer nur mir passieren", erhältlich im chrismon-shop!

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