Lichtblick vor US-Küste: Ölleck erstmals geschlossen
Es ist die erste gute Nachricht seit drei Monaten. Ingenieuren von BP ist es gelungen, das Ölleck vor der US-Küste zu schließen - zumindest vorübergehend. Doch Experten warnen vor hochfliegenden Erwartungen.
16.07.2010
Von Peer Meinert

Es sind die Worte, auf die Millionen Amerikaner an der Golfküste seit Monaten gewartet haben. "Seit 14.20 Uhr (Ortszeit, 21.20 Uhr MEZ) fließt kein Öl mehr in den Golf von Mexiko", verkündet BP-Manager Ken Wells am Donnerstag. Nach all den Fehlschlägen, all den zerstörten Hoffnungen und nicht gehaltenen Versprechungen - endlich ein Lichtblick für die Bevölkerung. Selbst Präsident Barack Obama meldete sich aus der Ferne zu Wort und sprach von einem "positiven Zeichen".

Hält die Abdeckung dem Druck stand?

Doch Vorsicht ist geboten. Es ist, als wollten selbst die Experten von BP ihrem eigenen Erfolg nicht recht trauen. Zwar gelang es den Ingenieuren, mit Hilfe von ferngesteuerten Robotern alle drei Ventile eines meterhohen Auffangzylinders zu schließen - ohne Zweifel der erste echte Durchbruch im dreimonatigen Kampf gegen die schwerste Ölpest der US-Geschichte. Seit dem Untergang der Bohrinsel "Deepwater Horizon" fließen Tag für Tag 8.200 Tonnen Rohöls ins Meer.

Doch immer wieder betont Wells, dass dies noch keinesfalls der endgültige Sieg gegen die Plage ist. Möglicherweise könne das Leck in 1.500 Meter Tiefe nur vorübergehend geschlossen werden. Zunächst bleibe es lediglich zu Testzwecken versiegelt. Diese Tests würden zwischen 6 und 48 Stunden dauern - sie sind entscheidend für das weitere Vorgehen.

"Wir befinden uns erst am Anfang der Tests", sagt Wells immer wieder. Bei den Tests soll geklärt werden, ob das Steigrohr in der Tiefe bei einer Schließung des Lecks dem Druck standhält oder ob es Lecks gibt. Alle sechs Stunden wollen die Experten den Druck messen. "Die nächsten Stunden sind kritisch für das weitere Vorgehen", heißt es bei BP. Der Thriller an der Golfküste geht weiter.

Noch Stunden vor dem Durchbruch hatte es erneut Pannen gegeben, waren die Rettungsarbeiten abermals zurückgeworfen worden. Ein Leck in einer Leitung hatte den mit so viel Spannung erwarteten Testlauf zunächst über Stunden verzögert.

Die "Integritäts-Tests", wie sie die Experten nennen, sind hoch kompliziert. "Niedriger Druck bedeutet schlechte Nachricht" heißt es. Dies könnte bedeuten, dass noch irgendwo aus dem kilometerlangen Steigrohr im Meeresboden Öl austritt. Man müsse den Test wohl abbrechen, wenn dies über mehrere Stunden der Fall sei, heißt es. Hoher Druck zeige dagegen, dass die Vorrichtung funktioniere. Doch auch dies bedeute nicht, dass das Leck tatsächlich für immer geschlossen bleibt - möglicherweise müsse man dennoch später wieder dazu übergehen, das Öl auf Tankschiffe abzupumpen.

Endgültige Lösung durch Entlastungsbohrungen

Und selbst wenn die neue Vorrichtung wie nach Plan funktionieren sollte - es handelt sich lediglich um eine Zwischenlösung. Vollständig verschließen sollen die Quelle Entlastungsbohrungen mehrere Kilometer unter dem Meeresboden. Damit wird aber frühestens Ende Juli oder Anfang August gerechnet.

Und erst kürzlich warnte die Regierung: Bereits in den vergangenen drei Monaten sei so viel Öl in den Golf von Mexiko geflossen, dass die Rettungs- und Aufräumarbeiten zumindest bis in den Herbst dauern werden. Weite Teile der US-Küste sind verseucht, darunter das ökologisch sensible Mississippi-Delta. Viele Badestrände sind durch Teer verschmutzt. Nach wie vor seien etwa 30 bis 35 Prozent der Küstengewässer für die Fischerei gesperrt. Doch jetzt gibt es erstmals einen Lichtblick.
 

dpa