Brunner-Prozess: "Ich wollte nie, dass sowas passiert"
Zum Auftakt des Münchner Prozesses zum gewaltsamen Tod von Dominik Brunner haben die beiden Angeklagten für ihre Tat um Entschuldigung gebeten. Zugleich bestritten sie am Dienstag vor dem Münchner Landgericht, den Geschäftsmann absichtlich getötet zu haben. Der Manager war am 12. September 2009 nach Tritten und Schlägen auf dem Münchner S-Bahn gestorben, als er Jugendliche vor den Übergriffen älterer Jugendlicher schützen wollte.

"Ich habe nicht mit dem Tod gerechnet, ich habe es nicht gewollt", sagte der 19 Jahre alte Markus S. in einer kurzen Stellungnahme vor der Jugendkammer des Landgerichts München I. Er bitte um Entschuldigung. Er wisse, dass ihn die Tat nie mehr loslassen werde. Sein Anwalt verlas eine Erklärung mit dem Tathergang aus der Sicht des Angeklagten. Danach habe sich Brunner in die Auseinandersetzung der Jugendlichen eingemischt und nach dem Ausstieg auf dem Münchner S-Bahnhof Solln habe er auch als erster Markus S. mit der Faust geschlagen. In der Erklärung beruft sich der 19-Jährige auf Gedächtnislücken: "Ich würde gerne selbst zu der Aufklärung meines schrecklichen Handelns beitragen" - er könne sich aber nicht genau erinnern.

Der Angeklagte Sebastian L. erklärte zu Beginn seiner Aussage, der Tod des Managers Brunner tue ihm "von Herzen leid". "Ich wollte nie, dass sowas passiert", sagte der 18-Jährige. "Ich weiß, dass es dafür keine Entschuldigung gibt - es ist ein Mensch gestorben." Bei der ausführlichen Befragung durch den Vorsitzenden Richter Reinhold Baier konnte sich L. an zahlreiche Details des Tathergangs nicht erinnern. "Ich weiß es nicht, kann schon sein", antwortete er auf diverse Fragen.

Die Täter glaubten, die Schüler hätten über sie gelästert

Markus S. und Sebastian L. müssen sich wegen Mordes verantworten. Sie sollen Brunner im vergangenen Herbst auf dem Münchner S-Bahnhof Solln zu Tode geprügelt haben, als er sich schützend vor zwei Schülerinnen und zwei Schüler stellte. Zuvor hatten die Jugendlichen den Ermittlungen zufolge die Schüler bedroht und 15 Euro von ihnen verlangt.

Doch das sei nicht ganz ernst gemeint gewesen, beteuerten beide Angeklagten vor Gericht. Er habe zwar zu den Schülern gesagt, "dass wir sie abziehen wollen", sagte Sebastian L. - "ich wollte halt Angst machen". Tatsächlich aber hätten er und sein Kumpan in der S-Bahn bereits von dem Plan abgelassen, von den Schülern Geld zu erpressen. Beide hätten zuvor Alkohol getrunken und in der S-Bahn Musik gehört. Nur wegen des Geplänkels mit Brunner und den Schülern seien sie zwei Stationen zu weit gefahren und somit ebenfalls am S-Bahnhof Solln ausgestiegen. Er habe das Gefühl gehabt, die Schüler hätten über ihn und Markus S. gelästert, sagt Sebastian L.

Nach dem Ausstieg am S-Bahnhof Solln hätten die beiden Angeklagten "auf der Grundlage ihres gemeinsamen Tatplans und in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit den Fäusten und Füßen" auf Brunner eingeschlagen, so die Anklageschrift. Brunner sei trotz Notfallhilfe später im Krankenhaus an den Folgen des Angriffs gestorben.

Polizeigewerkschaft fordert zum Prozess bessere Gewaltprävention

Die beiden Jugendlichen wurden laut Anklageschrift des Diebstahls, der Misshandlung und der Tötung aus niedrigen Beweggründen beschuldigt. Im Falle eines Schuldspruchs wegen Mordes drohen Sebastian L. nach Jugendrecht bis zu zehn Jahre Haft, Markus S. könnte nach Erwachsenenrecht zu einer lebenslänglichen Strafe verurteilt werden. Die Gerichtsverhandlung soll neun Verhandlungstage dauern. Das Urteil wird am 29. Juli erwartet.

Mit Blick auf den Brunner-Prozess mahnte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) unterdessen mehr Prävention gegen Gewalttaten an. Dazu müsse über örtliche Alkoholverbote, Einschränkungen beim Alkoholverkauf, aber auch über mehr Geld für Sicherheitspersonal und die Sozialarbeit nachgedacht werden, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Konrad Freiberg in Berlin.

Angesichts der Finanzmisere der öffentlichen Haushalte sei vieles davon wohl nicht schnell umzusetzen, räumte der GdP-Chef laut Mitteilung ein. "Nun rächt sich, dass viele Jahre lang notwendige Mittel für Jugendsozialarbeit, Stadtentwicklung und Ordnungsaufgaben heftig beschnitten wurden." Auch für die Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs sei es nicht damit getan, noch mehr Videokameras zu installieren. "Videokameras brauchen keinen Urlaub, arbeiten rund um die Uhr und verlangen kein Weihnachtsgeld, doch Reisende wollen in Notsituationen einen direkten Ansprechpartner und keine Kameralinse", betonte Freiberg.

epd/dpa