Verleger in der Kritik: "Zukunftsverweigerung"
Internet-Experten werfen den deutschen Zeitungsverlegern eine "Zukunftsverweigerung" vor. Die Möglichkeiten des Internets würden von den Medienhäusern nicht konsequent genutzt, bemängelte etwa Fiete Stegers vom Internet-Portal onlinejournalismus.de bei einer Tagung in Dortmund.

Auch würden zu wenig Ressourcen in neue Online-Projekte investiert. "Tradition ist kein Geschäftsmodell", sagte Stegers auf einer Tagung der Universität Dortmund zum Thema "Heute schon gezwitschert? - Wie das Web 2.0 den Journalismus verändert".

Neben den Verlegern standen auch die Journalisten in der Kritik. Ihnen fehle es häufig an Medienkompetenz, sagte Jürgen Kuri, stellvertretender Chefredakteur des Computer-Magazins "c't". Zahlreiche Journalisten verfügten nicht über die notwendigen Fähigkeiten und Erfahrungen im Umgang mit den neuen Medien. Sie müssten Werkzeuge wie zum Beispiel das Web-Lexikon Wikipedia kennen und verstehen, forderte der neue Leiter von "Bildblog", Lukas Heinser.

Keine digitale Spielwiese

Kuri warnte aber auch davor, den Verlockungen der medialen Möglichkeiten zu erliegen. So müsse nicht jede Nachricht im Netz durch einen Audio- oder Videobeitrag ergänzt werden, schon gar nicht, wenn der Redakteur diese Technik nicht beherrsche. Journalismus im weltweiten Web dürfe nicht mit einer "digitalen Spielwiese" verwechselt werden, hieß es.

Die Internet-Experten waren sich einig, dass die Qualität des Journalismus durch die Möglichkeiten des weltweiten Webs gefährdet sei. Dies habe mit der Schnelligkeit des Mediums zu tun. Die journalistische Qualität unterscheide aber den Journalismus von der bloßen Veröffentlichung im Internet, sagte Stegers. Hier bestehe auch die Gefahr, dass soziale Netzwerke wie Facebook zum "Stammtisch-Ersatz" würden und sich ein "Boulevard 2.0" bilde, ergänzte Kuri.

Finanzierungsdruck

Auch lösten sich im Internet die Schranken zwischen redaktionellen Beiträgen und Werbung. Das sei unter anderem durch den Finanzierungsdruck verursacht, unter dem die Medienhäuser stünden, kritisierte der "c't"-Macher.

epd