Hitze-Schock im ICE: Schule will Schadenersatz fordern
Nach den Hitzeproblemen mit ihren ICE-Zügen steht die Bahn am Pranger. Der Konzern will die Züge jetzt schärfer kontrollieren. Da jedoch am Wochenende wegen ausgefallener Klimaanlagen Menschen verletzt wurden, ermitteln auch Bundespolizei und Eisenbahnbundesamt.

Überlastete Klimaanlagen, entnervte Fahrgäste: Die Bahn steht in der Hitzewelle am Pranger. Nach massiven Problemen am Wochenende will der Konzern die Kühltechnik der ICE-Züge besonders überprüfen. Bundespolizei und Eisenbahn-Bundesamt nahm Untersuchungen auf. Unter die Lupe kommt auch der ICE, in dem neun Schüler einen Hitzekollaps erlitten hatten. Das Bundesverkehrsministerium und die Gewerkschaft Transnet forderten Konsequenzen. Der Fahrgastverband Pro Bahn bemängelte das Krisenmanagement. Auch am Montag gab es bundesweit Schwierigkeiten mit aufgeheizten Waggons.

Ein Bahnsprecher sagte in Berlin, bei der nächtlichen Wartung der ICE in den Werkstätten würden die Klimaanlagen mit einem extra Blick genauer überprüft. Damit solle sichergestellt werden, dass kein Zug mit gestörter Kühlung auf die Gleise rolle. Zugbegleiter seien zudem nochmals sensibilisiert worden, auf Unregelmäßigkeiten zu achten. Es würden mehr Getränke mitgenommen, mit denen sich Reisende erfrischen können. Komplette Zugausfälle seien vorerst nicht bekanntgeworden. Am Wochenende hatte die Bahn drei überhitzte ICE stoppen müssen. Etliche Schüler waren in den Wagen zusammengebrochen.

Vorwurf: Bahn kann nicht mit Krisen umgehen

Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisierte, die Klimaanlagen-Defekte seien ein hausgemachtes Problem. «Es waren alles Züge des Typs ICE 2. Das sind Züge, die jetzt 15 Jahre alt sind», sagte der Vorsitzende Karl-Peter Naumann. Eine Generalüberholung sei dringend nötig. Die Bahn hatte bereits zuvor eine Modernisierung der ICE-2-Flotte für rund 100 Millionen Euro angekündigt.

Fatal sei der Umgang mit Störungen, sagte Naumann. «Was die Bahn noch immer nicht gelernt hat, ist, mit Krisen umzugehen», sagte Naumann. «Wenn es kritisch wird, muss man einen Zug auch mal anhalten und nicht nur, wenn er nicht weiterfahren kann, sondern auch, wenn im Inneren Dinge des Komforts nicht mehr stimmen.»

Das Eisenbahn-Bundesamt will Fahrzeuge und betriebliche Abläufe prüfen, wie ein Behördensprecher sagte. Untersucht werde auch, ob es früher bereits solche Vorfälle gegeben habe. Die Bundespolizei ermittelt in dem Zusammenhang wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung.

Zugbegleiter nicht vorverurteilen

Das Bundesverkehrsministerium dringt auf Konsequenzen. Derartige Mängel müssten bei künftigen ICE-Generationen beseitigt sein, sagte eine Sprecherin. Auch der Aufsichtsrat des bundeseigenen Konzerns werde sich mit dem Thema beschäftigen. Die Gewerkschaft Transnet forderte ebenfalls Gegenmaßnahmen. «Die Ursachen müssen schleunigst erforscht und beseitigt werden», sagte der Vorsitzende Alexander Kirchner nach Angaben seines Sprechers. Er warnte zugleich vor Vorverurteilung der Zugbegleiter. «Sie haben einen harten Job und leiden auch unter den Problemen.»

Die Sophie-Scholl-Gesamtschule in Remscheid will nach dem Hitzekollaps von neun Schülern von der Bahn Schadenersatz fordern. Das Unternehmen habe den Vertrag auf Beförderung der Schüler nicht erfüllt, sagte Schulleiterin Brigitte Borgstedt am Montag der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Die Beförderung endete im Desaster, und das nicht nur einmal.»

Neben den drei überhitzten ICE wurden weitere Probleme bekannt. Ein Korrespondent der dpa berichtete von einem IC von Passau nach Hamburg, in dem am Sonntag in mehreren Wagen die Klimaanlage versagt hatte. Im Intercity 2311 von Westerland nach Köln sei am Sonntag die Klimaanlage ausgefallen, sagte der 37-jährige Kölner Matthias Bosmann am Montag der dpa. Er habe selbst in dem Zug gesessen. Einige Wagen seien wegen Hitze geschlossen worden, Fahrgäste hätten auf andere Waggons ausweichen müssen. «Es war ein Riesenchaos.»

dpa