Spaniens Fußballfans sind schier aus dem Häuschen. Tintenfisch-Orakel Paul hat den Sieg gegen Deutschland vorhergesagt und wieder einmal recht behalten. Ministerpräsident Rodríguez Zapatero will Paul sogar beschützen lassen: «Wir werden Paul ein Leibwächter-Team schicken», sagte der Ministerpräsident nach dem Erfolg gegen Deutschland. Industrieminister Miguel Sebastián will das Tentakel-Orakel aus Sicherheitsgründen nach Spanien holen. Umweltministerin Elena Espinosa will Artenschutz beantragen, damit er von den Deutschen nicht aufgefressen wird.
Es gibt nicht wenige Fans auf der Verliererseite, die Paul grillen wollen. Nach den Engländern die Argentinier und jetzt die Deutschen. Und wer weiß, was Paul den vier besten Fußballnationen der Welt noch zumutet, wenn er an diesem Freitag über die Ergebnisse des Spiels um Platz drei zwischen Deutschland und Uruguay sowie des WM-Finals zwischen Spanien und den Niederlanden entscheidet. Am Donnerstag schwamm sich der Oktopus in seinem Becken für die große Aufgabe schon mal warm.
Die Weltpresse hat «Pulpo Paul» aus dem Großaquarium Sealife in Oberhausen in den hintersten Winkel getragen. Ob im australischen Fernsehen, bei CNN oder BBC, in der Washington Post, der New York Times und vor allem den Sportzeitungen. Sie berichten, wenn Paul zur Vorhersage schreitet. Bei Twitter ist «Pulpo Paul» in den Trendcharts der weltweiten Suchbegriffe auf Platz eins. Bei Facebook hat das Kraken-Medium schon mehrere Fanseiten.
Im US-Medienblog Gawker gibt ein Mathematiker seine Berechnung zum Besten, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Paul alle sechs deutschen Spiele korrekt vorhersagt, bei nur zwei Prozent liege. Gebannt warten die Fans jetzt auf die Vorhersagen zum Finale Spanien - Niederlande und zum «kleinen Finale» Deutschland - Uruguay. Paul muss deshalb zwei Mal an die Muschel. Zuerst soll Paul an diesem Freitag um 11 Uhr zwischen Deutschland und Uruguay wählen. Wieder wird seine Lieblingsspeise in zwei beflaggte Gläser gefüllt. Die Deutschen hoffen, dass Paul zuerst das Fleisch aus ihrem Glas frisst und Uruguay verschmäht, damit wenigstens Platz drei herausspringt.
«Wir können aber nicht versprechen, dass Paul nach der ersten Runde dann auch bei der Finalauswahl noch einmal frisst», meint Sealife-Sprecherin Tanja Munzig. «Für Paul ist das ein Spiel.»
Vor allem die Finalisten haben ein Auge auf die Auslosung: Das niederländische Massenblatt De Telegraaf entlarvte eine voreilige Internetmeldung samt Bild, wonach Paul auf die Niederlande setzte. Auf dem angeblichen «Fotobeweis» war zu sehen, dass Paul das Kästchen mit der rot-weiß-blauen Flagge öffnet. Der Jubel verstummte rasch, als die Zeitung von einer Fälschung schrieb. «Wir dürfen uns nicht zu früh freuen», mahnt das Blatt.
Selbst den Fußballspielern ist der Wahrsager-Oktopus ein Begriff. «Dieser Paul ist ein Wunder», sagte Spaniens Mittelfeld-As Xabi Alonso nach dem Halbfinalsieg. Etwas zweideutig wirkt der Facebook-Eintrag der in Dortmund lebenden Spanierin Charlotte: «I love Calamari!»
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Tausende haben sich in den Netzwerken als Paul-Anhänger geoutet. Spanier verlangen die Staatsbürgerschaft für Paul. Deutsche sind eher sauer, erkennen die fast magische Leistung aber auch an. Warnungen an Frittierwillige bleiben allerdings nicht aus. Das geht einigen an die Nerven. «Oh Mann, da sieht man wieder einmal, wie hirnverbrannt Männer sind, wenns ums Verlieren geht. Dafür kann doch Paul nichts, regt euch ab», reagierte Iris aus Plochingen.
Vielfach soll Paul jetzt Wünsche erfüllen. «Kannst Du machen, dass Thailand zur WM kommt?» heißt es aus Bangkok. «Wie sieht es mit den nächsten Lottozahlen aus?» wird gefragt. Und Stefan aus Saarbrücken will Paul eine neue Chance zur EM 2012 einräumen. So alt dürfte der zweieinhalb Jahre alte Oberhausener Oktopus nicht werden. Er ist als Tintenfisch schon jetzt im Opa-Alter.