Vor 25 Jahren wurde das erste Privatradio zugelassen
Der 10. Juli 1985 war für die deutsche Radiolandschaft ein besonderer Tag. Die Niedersächsische Landesmedienanstalt in Hannover fasste - ein Jahr nach Einführung des dualen Rundfunksystems - einen Beschluss von historischer Tragweite: Zum ersten Mal überhaupt wurde in Deutschland ein privater Radioveranstalter zugelassen.
08.07.2010
Von Michael Ridder

Der Kanal FFN (Funk & Fernsehen Nordwestdeutschland), überwiegend getragen von Zeitungsverlagen aus dem Sendegebiet, konnte sich über Lizenz und UKW-Frequenzen freuen. Es dauerte allerdings eine Weile, bis FFN auf Sendung ging. Da war Radio Schleswig-Holstein (RSH) schneller, das erst im Januar 1986 die Lizenz erhielt, aber schon im Juli desselben Jahres startete.

Im Dezember 1986 kündigte sich dann auch in Niedersachsen der neue Radio-Urknall an. Hörer aus Hannover, die zufällig die für FFN vorgesehene Frequenz einschalteten, bekamen in ständiger Wiederholung eine monoton gesprochene Information zu hören: "Hier ist die Senderkette der deutschen Bundespost für das Land Niedersachsen. Mit dem Ultrakurzwellensender Barsinghausen für den Großraum Hannover auf der Frequenz 101.9 MHz. Über diesen Sender hören sie ab 31.12.1986, 12 Uhr mittags, Radio FFN."

Wenig Radioerfahrung

Währenddessen liefen in einer Villa in Isernhagen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Das damalige FFN-Team, so schildert es der Sender, hatte größtenteils wenig Radioerfahrung, dafür aber umfangreiche journalistische Kenntnisse - und vor allem die Ruhe weg: Erst eine Woche vor dem Sendestart traf sich die komplette Mannschaft, um das Programmkonzept des neuen Kanals festzulegen. Der Einfachheit halber wurde der Tag zunächst in vier durchnummerierte Sendeschienen unterteilt. Später folgten dann Namen, die heute noch den Klang der Frühzeit des Privatradios verströmen: Avanti, Drivetime, Checkpoint und Siesta.

Am 31. Dezember war es soweit. Die niedersächsischen Radiohörer, die bis dahin lediglich die öffentlich-rechtlichen NDR-Wellen (und den nationalen Deutschlandfunk) empfangen konnten, hatten plötzlich eine Alternative. Mit FFN betrat ein Programm die Szenerie, das den Anspruch hatte, eine frech-frische Musikfarbe mit kompetenter, schwerpunktmäßig regionaler Information und mit Comedy zu kombinieren. Bei FFN debütierten mehrere Unterhaltungskünstler, die später auch im Fernsehen Erfolg hatten.

Aufregende Zeiten

So wirkte im legendären "Frühstyxradio" Oliver Kalkofe mit, der nach eigener Aussage bei FNN die "aufregendsten und schönsten Zeiten" seines Lebens hatte. Seine Sendung "Kalkofes Mattscheibe", ursprünglich ein Radioformat, ist eines der frühesten Beispiele satirischer Medienkritik. Auch Oliver Welke, der kürzlich den Grimme-Preis für die "heute-show" im ZDF erhielt, arbeitete für das "Frühstyxradio". Die Show war überaus populär: Als der neue Programmdirektor Peter Bartsch 1992 die Sendung absetzte, weil sie aus seiner Sicht zu stark auf "Fäkalsprache" setzte, belagerten verärgerte Hörer in Massen das Funkhaus. Das Ergebnis: Bartsch ging, das "Frühstyxradio" durfte weitermachen.

Zum Glanz der frühen Jahre trug auch bei, dass FFN beim Musikprogramm ungewöhnliche Stilrichtungen berücksichtigte. Eine große Fangemeinde schuf sich etwa die Sendung "Grenzwellen", die vom damaligen FFN-Musikredakteur Ecki Stieg betreut wurde und sich der elektronischen und avantgardistischen Musik widmete. Doch der Realität gewordene Traum vom originellen Privatradio zerbrach später am Druck des kommerziellen Umfelds, in dem die Konkurrenz auf glatten Mainstream setzte. Mitte der 90er Jahre wurde FFN zum Chart-Formatradio umgestaltet, das es bis heute geblieben ist.

epd