Wie vor zwei Jahren im Endspiel der EM in Wien zeigte sich die bisher so spektakulär auftretende Elf von Bundestrainer Joachim Löw zu beeindruckt vom eigenen Vorbild und unterlag den Iberern verdient mit 0:1 (0:0). Carles Puyol versetzte dem DFB-Team am Mittwoch vor 60.960 Zuschauern im Moses Mabhida- Stadion von Durban mit seinem Kopfballtor in der 73. Minute den K.o. Statt am Sonntag im Traumfinale gegen die Niederlande anzutreten, geht es für die deutsche Mannschaft nun wie vor vier Jahren bei der Heim-WM zum Trostspiel um Platz drei. Dort ist am Samstag (20.30 Uhr) in Port Elizabeth Uruguay der Gegner.
Statt des erhofften Fußball-Spektakels bekamen die Zuschauer lange Zeit eine von Taktik und großem gegenseitigen Respekt geprägte Partie zu sehen, in der die deutsche Mannschaft allerdings den Nachweis ihrer Titelreife schuldig blieb. Leistungsträger wie Bastian Schweinsteiger oder Philipp Lahm blieben deutlich hinter den Erwartungen zurück. Bester deutscher Akteur war Manuel Neuer, der mit seinen Paraden eine höhere Niederlage verhinderte.
Deutsche spielten schwach auf
Trotz der klaren Erfolge gegen England und Argentinien ging die deutsche Elf nicht wie erwartet mit breiter Brust ins Spiel, sondern agierte betont vorsichtig und beraubte sich damit ihrer eigentlichen Stärke. Der gelb-gesperrte Thomas Müller, der auf der Tribüne neben Teammanager Oliver Bierhoff Platz genommen hatte und dessen Ideen im Spiel schmerzlich vermisst wurden, sah eine Begegnung, die auf fatale Weise an das EM-Finale vor zwei Jahren erinnerte: Im Mittelfeld überlegene Spanier und eine deutsche Elf, die gegen das Kurzpassspiel der Iberer kein Rezept fand.
Schweinsteiger leistete sich bei seinem 80. Einsatz im DFB-Team überraschend viele Ballverluste und war nicht der erhoffte Ankurbler. Da auch Kapitän Lahm im Aufbau nicht die gewohnte Sicherheit ausstrahlte, kam wenig Druck über die rechte Seite. Dort hatte Piotr Trochowski, der für den vierfachen Torschützen Müller zum Zuge kam, einige gute Szenen, offenbarte aber seine bekannte Schwäche im Abschluss. Insgesamt benötigte die DFB-Elf zu viel Zeit, um das Mittelfeld zu überbrücken. Immerhin stand die Abwehr vor dem sicheren Neuer einmal mehr wie eine Eins. Arne Friedrich und Per Mertesacker ließen im Zentrum kaum etwas anbrennen. Den fünffachen Torschützen David Villa verlor das Duo nur einmal aus den Augen, dafür war aber Neuer auf dem Posten.
Gefährliche Kurzpässe
"Wir wollen Geschichte schreiben", hatten die Iberer vor ihrem ersten WM-Halbfinale überhaupt angekündigt. Und dieses Vorhaben setzte die Mannschaft vor den Augen ihrer Königin Sofia entschlossen um. Bei den gefürchteten Kurzpässen der "furia roja" drohte stets Gefahr. Coach Vicente del Bosque hatte auf die Formschwäche von Fernando Torres reagiert und den Siegtorschützen vom EM-Finale 2008 durch Pedro Rodriguez ersetzt. Der dribbelstarke Mann vom FC Barcelona ging auf den Flügel, dafür rückte der torgefährliche Villa in die Spitze.
Bloß kein Gegentor - Sicherheit war im fünften Turnierspiel oberstes Gebot für die deutsche Elf, die zu viel Respekt vor dem Europameister erkennen ließ. Während der Ball bei den Iberern flüssig schon bald durch die Reihen lief, konnte Löws tief stehende Mannschaft nur reagieren. Als Pedro Torjäger Villa steil schickte, verhinderte allein die Rettungstat von Neuer den drohenden frühen Rückstand (6.). Acht Minuten später zischte ein Kopfball des frei stehenden Puyol nach Iniesta-Flanke über das deutsche Tor.
Spanien auch nach der Pause dominant
Spaniens Keeper Iker Casillas rückte erstmals in den Blickpunkt, als er an Özils Eckball vorbeigriff (15.). Erst Mitte der ersten Halbzeit kamen Schweinsteiger und Co. allmählich auf Touren, doch klare Torchancen konnten sie sich nicht erspielen. In der 32. Minute versuchte es Trochowski aus der Distanz, Casillas lenkte den Ball aber mit den Fingerspitzen zur Ecke.
Auch nach der Halbzeitpause fand die deutsche Mannschaft nicht zu mutigerem Spiel - vielmehr erhöhten die Spanier den Druck und kamen zu weiteren guten Möglichkeiten. Der sträflich unbewachte Xabi Alonso verfehlte zweimal aus der Distanz das deutsche Tor, ehe Löw reagierte und den gegen Pedro überforderten Jerome Boateng durch die offensivere Option Marcell Jansen ersetzte (52.). Wenig später wurde Neuer zum Retter, als er den 18-Meter-Knaller von Pedro entschärfte (58.), dann rutschte Villa vor dem leeren deutschen Tor an einer scharfen Hereingabe vorbei.
Erregt zog sich Löw am Spielfeldrand sein Jackett aus und forderte seine Mannschaft zu mehr Bewegung auf. Mit Toni Kroos für Trochowski zog er bereits frühzeitig den zweiten Joker aus dem Ärmel. Und der künftige Münchner setzte in der 68. Minute endlich ein Signal, als er nach Podolskis Flanke Casillas zu einer Glanzparade zwang. Doch als Sami Khedira beim Eckball von Xavi Abwehrspieler Puyol nicht am Kopfball hindern konnte, war Neuer chancenlos. Das dritte deutsche Gegentor bei der WM bedeutete die Entscheidung.