Deutschland nimmt zwei Guantánamo-Häftlinge auf
Deutschland wird zwei ehemalige Insassen des US-Gefangenenlagers Guantánamo aufnehmen. Einer von ihnen solle nach Hamburg kommen, ein zweiter nach Rheinland-Pfalz, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch aus Koalitionskreisen.

Wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Mittwoch in Berlin bekanntgab, werden die beiden Männer in einigen Wochen erwartet und dann in Rheinland-Pfalz und Hamburg untergebracht. Von den Männern gehe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Gefahr aus. "Wir holen keine Terroristen ins Land", betonte de Maizière. Die Aufnahme weiterer Häftlinge schloss der Minister aus. Amnesty International begrüßte die geplante Aufnahme der Gefangenen. 

Auch der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) sagte, die Männer stellten kein Sicherheitsrisiko dar. Es handle sich um einen Palästinenser und einen Syrer, die nicht in ihre Heimat zurückkehren könnten. Bruch sagte in Mainz, er habe am Mittwoch früh morgens einen Anruf von de Maizière (CDU) erhalten und sei gefragt worden, ob Rheinland-Pfalz einen Gefangenen aufnehmen würde. Nach Angaben Bruchs sollen die Männer ein befristetes Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen und eine Arbeitserlaubnis erhalten. Sie könnten gegebenenfalls auch ihre Ehefrau oder Kinder nach Deutschland nachreisen lassen.

"Medizinische Versorgung und Resozialisierung"

Nach Angaben von de Maizière liegen gegen die beiden Männer keine strafrechtlichen Vorwürfe vor. Sie seien fast neun Jahre lange in dem US-Gefangenenlager auf Kuba inhaftiert gewesen. Daher stehe jetzt eine medizinische Versorgung sowie die Resozialisierung im Vordergrund. Dem Minister zufolge muss noch mit den Bundesländern geklärt werden, inwieweit die Bewegungsfreiheit der Ex-Häftlinge eingeschränkt wird.

Die USA waren Ende vergangenen Jahres mit der Bitte an Deutschland herangetreten, drei Guantánamo-Häftlinge aufzunehmen. Die deutschen Sicherheitsbehörden hätten alle drei Personen überprüft, sagte de Maizière. Im März war eine Delegation mit Beamten des Innenministeriums, des Bundeskriminalamts und des Bundesamts für Migration nach Guantánamo gereist. Danach habe er sich für die Aufnahme von zwei Häftlingen entschieden, sagte der Bundesinnenminister. Bei der dritten Person sei nicht so sicher gewesen, dass von ihr keine Gefahr ausgehe.

Lob von Amnesty International

US-Präsident Barack Obama hatte unmittelbar nach seinem Amtsantritt im Januar 2009 angeordnet, das nach den Terroranschlägen von 2001 eingerichtete Lager Guantánamo binnen eines Jahres aufzulösen. Das Vorhaben verzögerte sich jedoch durch Warnungen von Politikern beider großer Parteien in den USA, Obama gefährde damit die Sicherheit der Nation. Neun europäische Staaten haben bereits auf Bitten der USA ehemalige Häftlinge aufgenommen.

Zudem beschlossen die Bundesregierung und die US-Regierung eine gemeinsame Erklärung. Darin erkennen die USA ihre Hauptverantwortung für die Schließung des Gefangenenlagers an und sichern zu, humanitäre Lösungen für entlassene Häftlinge zu erarbeiten.

Amnesty International begrüßte die Aufnahme der zwei Guantánamo-Gefangenen. Deutschland leiste damit endlich einen Beitrag zum Ende dieses Menschenrechtsskandals, sagte die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Monika Lüke. Sie appellierte an die Bundesregierung und an die entsprechenden Landesregierungen, die beiden Männer bei der Integration zu unterstützen.

epd