Unsterblich - gegerbtes Fell auf Draht
In mehr als einem Drittel aller deutschen Haushalte leben Tiere. Katzen und Hunde sind oft Familienmitglieder. Und nach ihrem Tod sitzen sie ausgestopft im Wohnzimmer. Zumindest einige von ihnen.

Alle 14 Tage sollte man das Haustier dann doch abstauben. Schließlich sitzt es mit seinen Murmelaugen oben auf dem Schrank und dort fängt sich der Hausstaub. Poobear, Huey oder Mucki sind ihre Namen. Sie zeugen von einer intensiven emotionalen Beziehung, die mit dem Tod nicht vorbei sein soll. "Manche Menschen können den Gedanken nicht ertragen, dass ihr Tier unter der Erde von Würmern zerfressen wird", sagt Jennifer Dörk, staatlich geprüfte Präparationstechnische Assistentin. In Waltrop, im Norden des Ruhrgebiets, hat sie eine Werkstatt. Die Wahl heißt dann wohl: Einäschern oder Ausstopfen.

"Ausstopfen? Nein, nein. Das heißt präparieren", erklärt Jennifer Dörk, in ihrer Stimme liegt Widerwille gegen das eher abwertende Wort. Und auch aus handwerklichen Gründen möchte sie es lieber präparieren nennen. Jennifer Dörk zieht die Haut der Tiere ab, schickt sie zu einem Gerber und bildet dann aus Draht und Holzwolle die Physiognomie des Tieres nach. Nach sechs bis acht Wochen bekommt sie das gegerbte Fell zurück und schafft dann ein möglichst genaues Abbild des Wesens, dass es zu Lebzeiten war.

Tiere geben keine Widerworte

"Wir sind sehr froh, dass es die Möglichkeit gibt, unsere geliebten Vierbeiner, die lange Zeit Teil unseres Lebens waren, durch die hervorragende Arbeit von Frau Dörk 'unsterblich' zu machen", schreibt Familie Conway auf der Internetseite von Jennifer Dörk. Drei Katzen und ihren Schäferhund haben sie sich präparieren lassen. Für manche sei das vielleicht geschmacklos, doch für die, die es machen lassen, sei es eben eine wichtige Erinnerung: "Ich vergleiche das eher mit einem 3-D-Foto", sagt Jennifer Dörk, "es ist doch jedem klar, dass sein Haustier nicht mehr lebt."

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Stirbt ein Tier, geht für viele eine tiefe emotionale Beziehung zu Ende. "Die Deutschen und das Tier" hieß eine Studie, die die Soziologin Doris Janshen in den 1990er Jahren durchführte. Sie befragte Herrchen und Frauchen zu ihren Lieblingen. Männer sagten: Ein Tier gibt keine Widerworte. Frauen betonten, dass Tiere treu, verlässlich und ehrlich seien. Anthropozentrismus nennt es die Wissenschaft, wenn Menschen ihren Tieren menschliche Attribute zuweisen. Die Beziehung zum Haustier sei für viele einfacher als die zu anderen Menschen, fand Janshen heraus. Haustiere brächten ihren Haltern oft bedingungslose Zuneigung entgegen. Und Herrchen wie Frauchen schätzten es, dass ihre Gefährten beständig und berechenbar seien.

Nach dem Sterben in den Tiefkühlschrank

Seit 2003 ist Jennifer Dörk selbstständig und präpariert Katzen, Meerschweinchen, Kanninchen, Wellensittiche und Hunde. Meistens auch in dieser Reihenfolge, denn Hunde seien vielen dann doch ein bißchen zu teuer. 800 Euro kostet das "3-D-Foto" des Hundes, ab 450 Euro das der Katze - je nach Gewicht. Als sie den Laden eröffnete, lag der Fokus noch bei Wildtieren. Der Trend geht zum Haustier: "Anfangs präparierte ich eins im Jahr, jetzt schon fünf bis sechs im Monat."

Die Präparatorin empfiehlt ihren Kunden, sich gut zu überlegen, ob sie ihr totes Haustier im Wohnzimmer sitzen haben möchten. "Das ist nicht für jeden was", sagt sie. Wer noch nachdenken müsse, dürfe nicht vergessen, sein Tier direkt nach dem Sterben in den Tiefkühlschrank zu legen, denn schließlich setze der Verwesungsprozess schnell ein. Auch Jennifer Dörken hat ein Haustier: Nico, ein Chihuahua. "Ich würde ihn nicht präparieren, denn zu ihm habe ich eine enge Beziehung." Ein Foto als Erinnerung sei ihr genug, wenn Nico stirbt. Ein einfaches Foto für die Kommode oder ein 3-D-Exemplar für den alten Katzenbaum? Das muss letztlich jeder für sich entscheiden. Die Preislisten für das Präparieren in Waltrop finden Sie jedenfalls hier.


Lilith Becker ist Absolventin der Evangelischen Journalistenschule in Berlin und freie Autorin in Frankfurt am Main.