Die Stromversorgung in Deutschland lässt sich laut einer Studie des Umweltbundesamtes bis 2050 bereits mit heutiger Technologie vollständig auf erneuerbare Energien umstellen. Voraussetzung sei, dass der Strom sehr effizient genutzt und erzeugt werde, sagte der Präsident des Umweltbundesamtes, Jochen Flasbarth, am Mittwoch in Berlin. Dafür müssten die Speicherkapazitäten und Stromnetze deutlich ausgebaut und alle Einsparmöglichkeiten in Industrie, Gewerbe und Privathaushalten voll ausgeschöpft werden, wie beispielsweise eine effektive Gebäudedämmung.
Das vom Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik durchgerechnete Szenario eines Energie-"Regionenverbundes" innerhalb Deutschlands sei kein "Wolkenkuckucksheim, sondern sehr realistisch", betonte Flasbarth. Das Modell basiere ausschließlich auf derzeit verfügbaren Technologien, lege das aktuelle Konsum- und Verbrauchsverhalten der Deutschen und ihren heutigen Lebensstil zugrunde und sieht die Bundesrepublik auch in 40 Jahren noch als hoch entwickeltes Industrieland.
"Die Versorgungssicherheit auf dem heutigen hohen Niveau kann auch mit erneuerbaren Energien jederzeit gewährleistet werden", sagte Flasbarth. Die unterschiedlichen Energieträger wie Wasserkraft, Windkraft, Geothermie oder Solarkraft könnten sich ergänzen und durch ein ausgebautes "Lastmanagement" auch jederzeit die bundesweite Vollversorgung gewährleisten.
Photovoltaik auf die Dächer
Konkret bedeute das beispielsweise, die durchaus umstrittenen Windparks auch an Land weiter auszubauen und auf jedem zweiten Dach in Deutschland künftig eine Photovoltaikanlage zu montieren. Die Folgen für den Natur- und Landschaftsschutz sind den Experten dabei durchaus bewusst. "Die Stromerzeugung wird für alle künftig sichtbarer sein als bisher, wo sie auf bestimmte Orte wie Kraftwerke oder Braunkohle-Tagebaue begrenzt ist", sagte Flasbarth.
Zu den Vorteilen gehört die nachhaltige Senkung der Treibhausgas-Emissionen. Bisher ist die Stromerzeugung für über 40 Prozent der ernergiebedingten deutschen Kohlendioxid-Emissionen verantwortlich. Zudem könne Deutschland seine Importabhängigkeit von Kohle, Gas, Erdöl und Uran drastisch verringern, sagte Flasbarth. Derzeit beruhe die Primärenergieversorgung in der Bundesrepublik zu 70 Prozent auf Importen. Die Kosten für die ökologische Umgestaltung der Energieerzeugung seien geringer als bei einem fortgesetzt ungebremsten Klimawandel.
Voraussetzung für das alles seien baldige entsprechende politische Weichenstellungen, betonte Flasbarth. Die Studie zeige eine Möglichkeit auf, Klimaschutz und wirtschaftliche Entwicklung miteinander zu verbinden. In zwei Folgestudien will das Umweltbundesamt nun die alternativen Varianten lokale Versorgungs-"Autarkie" und grenzüberschreitende "Großtechnologie" unter Einbeziehung des Mittelmeerraums prüfen.