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"Freunde für einen Freund" – unter diesem Motto haben wir vor fünf Jahren den 70. Geburtstag des Dalai Lama in Wiesbaden gefeiert, und 20.000 Menschen konnten die Offenheit, Warmherzigkeit und Bescheidenheit dieser beeindruckenden Persönlichkeit hautnah kennenlernen. Die Freude stand den Menschen in die Gesichter geschrieben. Heute vollendet seine Heiligkeit sein 75. Lebensjahr.
Der Einsatz für Menschenrechte, für die kulturelle Identität der Tiber und ihr Existenzrecht – all das war Mitte der achtziger Jahre meine Triebfeder, mich als gläubiger Christ mit der tibetischen Sache zu befassen. Der Einsatz für das Selbstbestimmungsrecht eines Volkes ist wahrlich kein Einzelfall in der Geschichte, auch nicht in unserer heutigen Zeit. Zu oft waren und sind es aber Bilder von blutigen Freiheitskämpfen, von militärischen Auseinandersetzungen oder von Bombenattentaten, die uns dabei in Erinnerung kommen. Die Tibeter mit ihrem religiösen Führer, dem Dalai Lama, sind heute ein einzigartiges Vorbild, weil sie das Prinzip der Gewaltlosigkeit auch in ihrem gesellschaftlichen und politischen Leben umsetzen.
Hohes Ansehen
Als ich den Dalai Lama kennenlernen durfte – ich war damals stellvertretender Bundesvorsitzender der Jungen Union – würdigten ihn zwar viele öffentlich, machten aber im persönlichen Umgang häufig einen Bogen um den späteren Friedensnobelpreisträger. Als hessischer Ministerpräsident bin ich heute froh und dankbar, dass dies jetzt anders ist, dass der Dalai Lama in einem ungeheuren Reiseprogramm für die tibetische Frage wirbt, dass aber auch die Menschen ihn aufsuchen und seine öffentlichen Auftritte so zahlreich erleben wollen.
In Hessen hat er erstmals vor einem deutschen Parlament gesprochen und genießt über alle Parteien hinweg ein hohes Ansehen. Er hat in Wiesbaden den hessischen Friedenspreis in Empfang genommen. Und auch meine Reise in seine tibetische Heimat, die er 1959 verlassen musste, vor drei Jahren – auf Einladung Chinas übrigens – wird mir immer in Erinnerung bleiben.
Starke Öffentlichkeit
Es dürfen nicht diejenigen die Verlierer sein, die diesen friedlichen Weg, den Weg des Dialogs, gehen. Deshalb braucht der Dalai Lama eine starke Öffentlichkeit. Wir haben alle die bitteren Wochen im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008 in Peking noch in Erinnerung. Damals gab es viel Solidarität – gerade auch in Deutschland. Auch ohne diese bitteren Ereignisse muss die tibetische Frage aber auf der Tagesordnung bleiben und darf nicht aus unserem Bewusstsein verschwinden. Der Dialog muss offen, selbstbewusst und klar geführt werden.
Persönlich habe ich in seiner Heiligkeit einen guten Freund gefunden und eine persönliche Nähe, für die ich sehr dankbar bin. Wir tauschen uns oft miteinander aus und können Probleme und Herausforderungen vertrauensvoll besprechen. Der Dalai Lama weiß, dass ich ihn und seine Sache auch weiterhin mit besten Kräften unterstützen werde – auch wenn ich bald nicht mehr Ministerpräsident dieses Landes sein werde. Im Respekt vor seiner Persönlichkeit und im Dank für seine Freundschaft möchte ich ihm alles Gute wünschen und von Herzen gratulieren.
Roland Koch, geb. 1958, ist seit 1999 Ministerpräsident von Hessen. Sein Amt will er in diesem Jahr abgeben und in die Wirtschaft wechseln.