Koalition offenbar einig über höheren Kassenbeitrag
Gesundheitsreform ist, wenn die gesetzlich Versicherten hinterher mehr bezahlen müssen. Bald ist es wieder soweit. Die Regierung wird den Beitragssatz vermutlich erhöhen.

Die Spitzen der Regierungskoalition haben in ihren Verhandlungen über die Gesundheitsreform offenbar erste Ergebnisse erzielt. Die Bundesregierung wolle den allgemeinen Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung um voraussichtlich 0,6 Prozentpunkte auf 15,5 Prozent erhöhen, berichtete die ARD am Freitag in Berlin unter Berufung auf Koalitionskreise. Offiziell bestätigt wurde diese Einigung nicht. Eine Sprecherin von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) sagte, man sei weit gekommen. Die Gespräche seien auf gutem Wege.

Am kommenden Dienstag sollen die Verhandlungen fortgesetzt werden. Die Koalition hat vereinbart, noch vor der Ende nächster Woche beginnenden Sommerpause ein Konzept für die gesetzliche Krankenversicherung vorzulegen. Dabei geht es vor allem darum, das erwartete Defizit bei den Krankenkassen von elf Milliarden Euro im kommenden Jahr abzuwenden. Daneben sollen Eckpunkte für ein langfristiges Modell erarbeitet werden. Es sei nächste Woche aber nicht damit zu rechnen, dass exakte Beitragshöhen genannt würden, sagte der Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums, Christian Lipicki.

Bei den Verhandlungen im Kanzleramt wurde zudem ein "ausgewogenes Sparpaket" vereinbart, verlautete aus Koalitionskreisen. Auch beim Sozialausgleich seien sich die Parteien weitgehend einig geworden. Der Sozialausgleich wird notwendig, wenn einkommensunabhängige Zusatzprämien erhoben werden.

Kritik von Grünen und Arbeitgebern

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, sprach von einer "größten gemeinsamen Einfallslosigkeit". Der Allgemeinheit würden die Kosten der schwarz-gelben Regierungsunfähigkeit aufgebürdet. Die richtige Antwort auf die Krise im Gesundheitssystem sei eine Bürgerversicherung, sagte Künast.

Auch die Arbeitgeberverbände kritisierten die Entscheidung. Wer höhere Beiträge plane, gefährde die wirtschaftliche Erholung, erklärte der Arbeitgeberverband BDA im Berliner "Tagesspiegel" (Samstagsausgabe).

Der Deutsche Gewerkschaftsbund begrüßte die Erhöhung, wenn auch die Arbeitgeber ihren Beitrag zur Deckung des Defizits der GKV leisten müssten. Eine Erhöhung des Beitragssatzes um je 0,3 Prozentpunkte für Arbeitgeber und Arbeitnehmer beseitige jedoch nicht die sozialen Ungleichgewichte, kritisierte Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Außerdem sei eine weitere Belastung durch die diskutierte Erhöhung der Zusatzbeiträge seitens der Koalition nicht ausgeschlossen.

Die Krankenkassen stellen jeweils im Herbst ihre Haushalte für das Folgejahr auf. Sie brauchen dafür eine Planungsgrundlage, so dass die Koalition unter Zeitdruck ist.

epd