Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf erklärte am Donnerstag die Kündigung des 48 Jahre alten Mediziners für unwirksam. Gleichzeitig ließ das Gericht wegen der Bedeutung des Falles die Revision beim Bundesarbeitsgericht zu. Das Erzbistum Köln erwägt den Angaben zufolge, nach Eingang der schriftlichen Urteilsbegründung Revision einzulegen.
Das katholische Krankenhaus hatte dem Chefarzt gekündigt, weil er ohne Annullierung seiner ersten Ehe ein zweites Mal geheiratet und damit gegen katholisches Recht verstoßen habe. Der Vorsitzende Richter Wulfhard Göttling erklärte nach der Verhandlung, das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen bei der Formulierung von Anforderungen an ihre Arbeitnehmer sei zwar grundsätzlich durch staatliche Arbeitsgerichte zu achten. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass "weltliche Rechte der Beschäftigten völlig ignoriert" werden. Auch Kirchen müssten Rechtsregeln beachten und dürften nicht willkürlich gegen ihre Mitarbeiter vorgehen.
Evangelischer Mediziner anders behandelt
Das zuständige Kammer sah insbesondere den Gleichheitsgrundsatz als verletzt an. Im Verlauf der Beweisaufnahme vor Gericht war nach den Worten von Richter Göttling klargeworden, dass die Klinik für evangelische und katholische Chefärzte ähnliche Verträge und gleichlautende Formulierungen verwendet hatte. Im vergleichbaren Fall eines evangelischen Chefarztes in der Klinik habe es keine Sanktionen gegeben, im Falle des katholischen Klägers sei jedoch eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen worden. Eine solche unterschiedliche Behandlung "geht so nicht an", betonte der Richter.
Das Landesarbeitsgericht sah zudem den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch das Verhalten der Klinik verletzt. Die Verantwortlichen in dem Krankenhaus hätten schon längere Zeit gewusst, dass der Chefarzt in einem eheähnlichen Verhältnis lebte und nicht reagiert. Die Klinik hätte den Mediziner vor der außerordentlichen Kündigung über mögliche Folgen seines Verhaltens informieren müssen, befanden die Richter.
Erzbistum erwägt Revision
Das Erzbistum Köln begrüßte in einer Stellungnahme, dass das Düsseldorfer Gericht "die Wertungen der Grundordnung und das kirchliche Selbstbestimmungsrecht" beachtet habe. Im vorliegenden Fall hätten Umstände des konkreten Einzelfalls zwar dazu geführt, dass der Klage des Mediziners gegen die Kündigung stattgegeben worden sei, erklärte das Erzbistum. Das Landesarbeitsgericht habe jedoch bestätigt, dass eine Wiederverheiratung eines leitenden Mitarbeiters einer katholischen Einrichtung für sich geeignet sei, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen, so lange die Ungültigkeit einer ersten Ehe nicht festgestellt sei. Das Erzbistum erwägt den Angaben zufolge, nach Eingang der schriftlichen Urteilsbegründung Revision einzulegen.
Der Kläger und seine erste Ehefrau lebten seit 2005 getrennt. Nachdem diese erste Ehe im März 2008 weltlich geschieden worden war, schloss der Arzt im August 2008 standesamtlich seine zweite Ehe. Im März 2009 leitete er für die erste Ehe ein kirchliches, derzeit noch nicht abgeschlossenes Annullierungsverfahren ein.