Einkaufszentren boomen - und sorgen für Streit
Ist in einer Stadt ein Shopping-Center geplant, sorgt dies häufig für Ärger. Während die Kommunalpolitiker auf eine Belebung der City hoffen, fürchten Händler die Konkurrenz. Fest steht: Die Zahl der Einkaufszentren steigt munter weiter.
30.06.2010
Von Petra Albers

Boutiquen, Buchhandlungen, Bierchen trinken - alles unter einem Dach und bei jedem Wetter trockenen Fußes erreichbar. Die Passagen wirken hell und freundlich, sind oft nett dekoriert, und ein Parkplatz ist fast immer zu finden. Während die klassischen Warenhäuser als Auslaufmodelle gelten, boomt der Bau von Einkaufszentren. Bis Ende 2013 sollen in Deutschland mehr als 50 neue Shopping-Center mit einer Gesamtfläche von etwa 1,4 Millionen Quadratmetern entstehen, wie das Handelsforschungsinstitut EHI in Köln ermittelt hat.

Mieter- und Kundennutzen

Derzeit gibt es bundesweit rund 430 solcher auch "Malls" genannten Zentren, vor fünf Jahren waren es noch 360. "Ein großer Vorteil der Shopping-Center ist, dass der Betreiber sich den Mietermix so zusammenstellen kann, wie er für den Standort am geeignetsten ist", sagt der Geschäftsführer des EHI Retail Institute, Michael Gerling. Das Management lege Rahmenbedingungen fest, die für die Mieter - und letztlich auch für die Kunden - von Nutzen seien: "Die Läden haben einheitliche Öffnungszeiten, es gibt einen eigenen Sicherheits- und Reinigungsdienst, Marketingmaßnahmen werden zentral geplant - zum Beispiel eine "Frühlingswoche" oder die Weihnachtsdekoration."

Während die Einkaufszentren früher vor allem auf der "Grünen Wiese" gebaut wurden, entstehen sie seit Ende der 90er Jahre vermehrt in Innenstädten. So befinden sich 85 Prozent der 2009 eröffneten Häuser in direkter City-Lage. Mehr als die Hälfte der Malls - 57 Prozent - wurden in mittelgroßen Städten mit 20.000 bis 100.000 Einwohnern errichtet, 43 Prozent in Großstädten.

Gerade in mittleren Städten sorgt die geplante Ansiedlung eines Shopping-Centers oft für Streit. Während die Kommunalpolitik auf eine Belebung und Stärkung ihrer Innenstadt hofft, fürchten die alteingesessenen Händler die neue Konkurrenz.

Shopping-Center?: Siegburg stimmt per Bürgerentscheid ab

In Siegburg zum Beispiel will der größte deutsche Shopping-Center-Betreiber ECE eine Einkaufsgalerie mit 16.000 Quadratmetern Verkaufsfläche bauen - das 45 Jahre alte Rathaus soll dafür weichen und abgerissen werden. Innerhalb kurzer Zeit sammelte eine Bürgerinitiative rund 5.000 Unterschriften gegen das Vorhaben - nun können die Einwohner im September per Bürgerentscheid abstimmen.

Nach Ansicht der Bürgerinitiative ist das geplante Center viel zu groß für die 43.000-Einwohner-Stadt, und schon jetzt ständen eine Reihe von Läden in der Fußgängerzone leer. Der Einzelhandel werde unter dem Center leiden und Kunden verlieren. Bürgermeister Franz Huhn (CDU) dagegen betont, dass Siegburg sich im Wettbewerb mit den Nachbargemeinden behaupten müsse. Denn auch im nahe gelegenen St. Augustin und in Troisdorf sind Einkaufs-Malls geplant - ganz zu schweigen davon, dass es bis Bonn und Köln nur ein Katzensprung ist. Wenn also Siegburg auf sein Shopping-Center verzichte, "dann droht als Einkaufsstadt der bittere Abstieg", meinen die Stadtoberen.

Bereicherung oder Verödung einer City?

Generell spielten mehrere Faktoren eine Rolle, damit ein Einkaufszentrum tatsächlich zur Belebung und nicht zur Verödung einer City führt, erläutert Gerd Kühn vom Deutschen Institut für Urbanistik in Berlin. Wenn Größe, Standort und Bauweise des Centers falsch gewählt würden, könne dies negative Auswirkungen auf den Einzelhandel haben. Auch der Branchenmix sei von Bedeutung: "Man darf nicht die Innenstadt im Shopping-Center nachbauen", warnt Kühn. Dann bestehe die Gefahr, dass Filialisten einen zweiten Laden im Center eröffnen und in Folge ihr Geschäft in der Fußgängerzone schließen.

Sofern all diese Aspekte bei der Planung berücksichtigt werden, könne ein Shopping-Center aber auch die ganze Innenstadt bereichern, meint Kühn. "Wenn am Ende nicht alle davon profitieren, hat man vorher etwas falsch gemacht."

dpa