Tintenfische gefährden Gleichgewicht in der Nordsee
Tintenfische könnten nach Einschätzung von Experten das ökologische Gleichgewicht in der Nordsee bedrohen. "Offenbar steigt die Population der Tintenfische, das bedeutet im schlimmsten Fall erhebliche Gewinneinbußen für die Fischerei", sagte der Meeresbiologe Daniel Oesterwind von der Kieler Christian-Albrechts-Universität der Nachrichtenagentur dpa.
29.06.2010
Von Julian Mieth

Eine Ursache sieht der Forscher in der Überfischung der Meere: "Tintenfische vermehren sich ungehindert, weil die Fischerei die natürlichen Feinde wegfängt - etwa die Raubfische Kabeljau, Seehecht oder Schellfisch." Dadurch sei das Gleichgewicht gestört. "Die Tintenfische wiederum fressen alle Kleintiere weg - auch die jungen, noch kleinen Raubfische. Da beginnt ein Teufelskreis."

Auch in den Netze der Fischer landen immer mehr Tintenfische, berichtet Oesterwind. Zwar gebe es dafür noch keine aktuellen wissenschaftlichen Belege. Vergleichsdaten von Forschungsfahrten aus den 1970er Jahren verstärkten den Verdacht jedoch. Damals gingen nur in zehn Prozent der überprüften Gebiete Tintenfische ins Netz. Bei einer Fahrt Anfang des Jahres wurden die Forscher dagegen in rund 75 Prozent fündig.

Raubfische wandern in kältere Gewässer ab

Begünstigt werde die Verbreitung der Weichtiere durch deren hohe Anpassungsfähigkeit - etwa an den Klimawandel, sagt der Biologe. "Durch die Erwärmung der Nordsee ziehen sich manche Raubfischarten in kältere Gewässer im Norden zurück." Wärmere Wassertemperaturen beschleunigen das Wachstum der Tintenfische dagegen. "Sie erreichen schneller eine Größe, in der sie nicht mehr gefressen werden."

Dadurch könne sich möglicherweise das Ökosystem in der Nordsee verschieben, warnt Oesterwind. "Die Anrainerstaaten müssen sich zusammensetzen und klare Regeln aufstellen, das ist das Wichtigste."

Die Nordsee sei weltweit eines der ertragreichsten Fanggewässer. Gegebenenfalls müsste sich die Fischindustrie umstellen, in den Niederlanden sei man schon auf Tintenfischfang umgestiegen, berichtet Oesterwind. Es gebe bereits zwei umgerüstete Boote, die Jagd auf die schmackhaften Tiere machen. "Man kann die meisten Arten essen. Das ist eine leckere Alternative zu Fisch."

dpa