Twittern nein danke: Zählkommission soll schweigen
Twittern unerwünscht: Julia Klöckner (CDU) hatte bei der vorigen Wahl des Bundespräsidenten zu früh geplaudert. Am Mittwoch darf so etwas nicht noch einmal passieren, darüber sind sich alle einig. Doch ein offizielles Handyverbot für die Zählkommission soll es trotzdem nicht geben.
29.06.2010
Von Christine Cornelius

Kurz vor der Bundespräsidentenwahl werden Erinnerungen an das Twitter-Leck bei der Bundesversammlung im vorigen Jahr wieder wach. Ein Handyverbot für die Delegierten soll nach Angaben des Bundestages an diesem Mittwoch aber nicht gelten. Regeln für die etwa 40 Schriftführer in der Zählkommission sind zwar vorgesehen, wie genau diese aussehen sollen, darüber wird derzeit aber noch diskutiert. Bei Horst Köhlers Wiederwahl hatten zwei Mitglieder der Zählkommission das Ergebnis vor der offiziellen Bekanntgabe über den Kurzmitteilungsdienst Twitter verbreitet.

In einem Treffen am Montagnachmittag beriet die Kommission über ihre Vorgehensweise am Mittwoch. Möglichkeiten gibt es viele: Das Handy an der Tür zum Auszählungsraum abzugeben, es sichtbar vor sich auf den Tisch zu legen oder es gar nicht erst mitzubringen.

"Man kann nur appellieren"

Der Ältestenrat habe vorgeschlagen, dass die Schriftführer ihre Handys vor der Auszählung abgeben, berichtete Kommissionsmitglied Agnes Krumwiede (Grüne) nach der Sitzung. Dies hätten sie aber abgelehnt. Es seien Kommentare gefallen wie: "Wir sind doch nicht im Kindergarten." Die Schriftführer hätten sich darauf verständigt, während der Auszählung kein Handy zu benutzen. Wer doch beim Tippen erwischt werde, solle von den anderen zur Ordnung gerufen werden.

Auch Krumwiede ist gegen ein Handyverbot. Für sie stehe sowieso fest: "Ich würde auf gar keinen Fall das Ergebnis vorher ausplaudern." Ihr Handy werde sie während der Auszählung ausschalten. Aus gebührendem Respekt vor der Wahl verstehe es sich von selbst, dass alle Schriftführer bis zur offiziellen Verkündung durch den Bundestagspräsidenten Stillschweigen bewahrten.

"Man kann nur appellieren", sagte ein Bundestagssprecher. Das hat Bundestagspräsident Norbert Lammert auch vor, wie er ankündigte: "Ich werde persönlich zu Beginn der Auszählung die Schriftführer noch einmal darauf hinweisen, dass der Ältestenrat ausdrücklich seine Erwartung zum Ausdruck gebracht hat, dass das Ergebnis der Wahlgänge der Bundesversammlung und der Öffentlichkeit durch den Präsidenten und nicht durch eilfertige Botschaften von Schriftführern übermittelt wird."

Über das Plaudern schweigt Klöckner diesmal

Linken-Fraktionsgeschäftsführer Alexander Ulrich hatte Lammert zuvor zu klaren Worten aufgefordert. Wenn es eine deutliche Anweisung gäbe, könnte ein Verstoß klar als Regelbruch definiert werden. Ulrich plädierte außerdem für ein "Handys verboten"-Schild vor dem Auszählungsraum.

Die Sorge, das Ergebnis könne schon vor der offiziellen Verkündung publik werden, kommt nicht von ungefähr. Im vergangenen Jahr hatten gleich zwei Delegierte über Twitter geplaudert - Julia Klöckner von der CDU und SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber.

Klöckner twitterte den Ausgang knapp 15 Minuten vorher. Sie entschuldigte sich und verzichtete als Konsequenz auf das Amt als Schriftführerin im Parlament. "Der Zeitpunkt war doch ein bisschen früh", sagte sie hinterher. "Ich bedaure, wenn einige daran Anstoß genommen haben."

Klöckner sitzt auch an diesem Mittwoch wieder in der Bundesversammlung - allerdings nicht als Mitglied der Zählkommission. Auf ihren Fauxpas aus dem Vorjahr angesprochen, reagiert sie wenig plauderbereit: "Über das Thema rede ich nicht."

dpa