Margot Käßmann will nicht in die Politik wechseln
Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland will nicht in die Politik wechseln. "Das wäre nicht mein Feld. Ich bin eine Frau der Kirche", sagte Käßmann am Samstag in Berlin bei der Aufzeichnung der ZDF-Talkshow "Peter Hahne". Die Sendung wurde am heutigen Sonntag erstmals ausgestrahlt.

Nach dem Rücktritt von ihren kirchlichen Leitungsämtern ein politisches Amt anzustreben, "käme mir merkwürdig vor", sagte die frühere hannoversche Landesbischöfin. Dass sie Angebote von verschiedenen Parteien bekommen habe, zeige, dass eine Bischöfin nicht parteipolitisch gebunden sei.

Im Februar hatte die hannoversche Polizei Käßmann bei einer Fahrt unter Alkoholeinfluss am Steuer ihres Dienstwagens gestoppt. Vier Tage später trat sie als EKD-Ratsvorsitzende und hannoversche Landesbischöfin zurück.

Plädoyer für Quereinsteiger

Käßmann äußerte im halbstündigen Gespräch mit Hahne den Wunsch nach mehr Vielfalt in der Politik. "Wir brauchen auch kantige Personen", sagte sie. Es müsse in der Politik immer wieder Menschen geben, die nicht über die Parteien nach oben gekommen seien.

Gegenüber den beiden aussichtsreichen Kandidaten bei der Bundespräsidentenwahl in der kommenden Woche, dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) und dem ehemaligen Chef der Stasi-Unterlagenbehörde, Joachim Gauck, war Käßmann voll des Lobes. Das seien zwei integre Männer, die beide für das Amt geeignet seien. Sie selbst habe es zwar schmeichelhaft gefunden, dass sie ebenfalls für das Amt ins Gespräch gebracht wurde, doch sie wolle jetzt erst einmal "fünf Schritte zurücktreten", erklärte Käßmann in der Talkshow.

Die 52-Jährige geht im August für vier Monate zu einem Studienaufenthalt in die USA. Über weitere Zukunftspläne ist noch nichts bekannt.

"Theologie auf verständlichem Niveau"

Das neue Talkformat "Peter Hahne" wird künftig immer sonntags ab 13 Uhr gesendet. Der ZDF-Journalist Hahne, Autor zahlreicher christlicher Bücher, war von 1992 bis 2009 Mitglied des Rates der EKD. Seiner Ansicht nach hat der Rücktritt Käßmanns die öffentliche Aufmerksamkeit für die evangelische Kirche erheblich geschmälert. "Seitdem Margot Käßmann nicht mehr an der Spitze der EKD ist, hören Sie von dieser Institution nichts mehr", sagte Hahne dem Internetportal "Spiegel online".

Käßmann sei in der Lage gewesen, in jeder Fernsehtalkshow kurz und knapp zu erklären, was der Buß- und Bettag ist. Sie habe "Theologie auf verständlichem Niveau" geliefert, sagte Hahne. Er habe Käßmann sehr unterstützt, weil er sie "als Predigerin und Pastorin schätze, als Person, die die Herzen der Menschen erreicht".

Hahne äußerte Kritik an den Umständen des Rücktritts. Offenbar habe niemand versucht, Käßmann vom Rückzug abzuhalten. 

epd