TV-Tipp: "Das Geheimnis des Königssees" (RTL)
Ein Psychothriller, wie man bei RTL findet, ist dieser Film zwar nicht gerade, aber immerhin doch ein spannender Krimi, in dem eine junge Frau ein Jahrzehnte altes grausames Geheimnis lüftet.
24.06.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Das Geheimnis des Königssees", 27. Juni, 20.15 Uhr auf RTL

In diversen Filmen dieser Art fürs ZDF hat Marcus O. Rosenmüller bereits bewiesen, wie ausgezeichnet er es versteht, idyllische Landschaften als Hintergrund düsterer Verbrechen zu inszenieren; insbesondere seine Charlotte-Link-Verfilmungen ("Der fremde Gast", "Das Echo der Schuld") waren beispielhaft für das Spiel mit Spannung, die hinter den Bildern lauert.

Mit Hans Sigl und Yvonne Catterfeld

Diesmal nutzt er die prachtvolle Kulisse des Königssees am Fuße des Watzmanns. Die winterliche Gegend ist Schauplatz der Suche einer jungen Frau nach ihrer Vergangenheit. Zunächst aber erlebt sie eine verblüffende Begegnung mit sich selbst: Auf Initiative des Hoteliers Max Leitner (Hans Sigl), der einem Münchener Reisebüro äußerst reizvolle Pauschalreisen an den Königssee anbietet, reist die junge Reisebürokauffrau Marla (Yvonne Catterfeld) ins Berchtesgadener Land. Alsbald entwickelt sich eine Beziehung zu dem älteren Mann; bloß die spürbare Distanz der Einheimischen stört den ansonsten äußerst angenehmen Ausflug. Dann aber stellt Marla fest, dass Max vor rund 25 Jahren mit einer gewissen Nora liiert war, die ihr ähnlich war wie eine Zwillingsschwester und eines Tages spurlos verschwunden ist. Daheim in München stellt sie ihre Mutter zur Rede: Nora hatte sie einst zur Welt gebracht und in der Obhut ihrer Vermieterin überlassen. Marla kehrt an den Königssee zurück, um das Rätsel zu lösen. Nun sind die Dorbewohner offen feindselig. Einen ersten Anschlag überlebt Marla nur, weil Max sie in letzter Sekunde rettet. Als sie dem Geheimnis auf die Spur zu kommen droht, ist ihr Tod beschlossene Sache.

Schlichte, aber wirkungsvolle Inszenierungsmomente

Yvonne Catterfeld verkörpert die junge Frau mit einer sympathischen Mischung aus Attraktivität und Sturheit. Das Drehbuch von Wolf Jakoby spielt geschickt mit den bangen Fragen, ob es sich bei Marlas vorübergehendem Liebhaber, dessen Herz immer noch Nora gehört, um ihren Vater handelt; oder womöglich um ihren Halbbruder, denn mit Leitner senior hatte Nora auch ein Verhältnis. Ohnehin hat sie sämtlichen Männern des Ortes den Kopf verdreht; spätestens jetzt ahnt man, wer für Noras Verschwinden verantwortlich sein könnte. Rosenmüllers Regie sorgt zudem dafür, dass die klug eingefädelte Krimihandlung durch schlichte, aber wirkungsvolle Inszenierungsmomente immer wieder kleine Kicks erhält. Irritierend sind allein diverse Haarfarbenwechsel der mal brünetten, mal fast schwarzhaarigen Hauptdarstellerin. Und da der 1969 geborene Hans Sigl keineswegs wie fünfzig aussieht, ist er entschieden zu jung, um glaubhaft einen Mann verkörpern zu können, der Anfang der Achtzigerjahre schon in einem heiratsfähigen Alter war.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit mehr als 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).