Proteste sind erfolgreich: Walfang bleibt verboten
Die meisten Tierschützer jubeln. Das Walfangverbot bleibt zunächst Zwei Tage haben die 88 Länder der Internationalen Walfangkommission (IWC) hinter verschlossenen Türen gerungen und schließlich den Textentwurf zur Zukunft des Walfangs verworfen.
24.06.2010
Von Simone Humml

"Für diese Sitzung ist das Kompromisspapier vom Tisch", sagte der deutsche Delegationsleiter Gert Lindemann am Mittwoch im marokkanischen Agadir der Nachrichtenagentur dpa. "Alle Regierungen haben an ihren Positionen festgehalten." Nach dem Entwurf sollte Japan, Island und Norwegen der Walfang mit festen Quoten für zehn Jahre erlaubt werden.

Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) zeigte sich enttäuscht. "Wieder einmal wurde die Chance nicht genutzt, sich auf eine vernünftige Lösung mit Blick auf einen besseren Schutz der Wale in den Weltmeeren zu einigen", sagte Aigner in Berlin. "Ich bedauere dies, aber für uns war von Anfang an klar, dass der vorgelegte Kompromissvorschlag so nicht akzeptabel war. Der Schutz der Wale hat für uns Priorität."

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm sieht dies ähnlich: "Wir sind erleichtert, dass der IWC-Kompromiss gescheitert ist, denn er wäre ein schlechter Kompromiss gewesen. Er hätte den kommerziellen Walfang für die nächsten zehn Jahre legitimiert, ohne wesentliche Fortschritte für den Walschutz zu erreichen."

Island: "Bestandsschutz geht nur über Fangquoten"

Das internationale Walfangverbot von 1986 werde nun bestehenbleiben, sagte Delegationsleiter Lindemann. Japan, Island und Norwegen halten sich jedoch nicht daran - sie erkennen das Fangverbot nicht an oder berufen sich auf umstrittene Ausnahmeregelungen. Das Kompromisspapier sah legale Fangquoten von insgesamt rund 1.400 Walen pro Jahr vor, das wäre etwas weniger gewesen als die bisherigen realen Fangzahlen.

Island kündigte bereits in Agadir an, weiter Großwale zu fangen. Zugleich will das Land aber mit den Walschützern über neue Kompromisse sprechen. "Das hier ist nicht das Ende der Welt. Vielleicht ist es ganz gut, jetzt ein Jahr lang bis zur nächsten Konferenz nachzudenken", sagte der isländische Delegationsleiter Tómas Heidar der Nachrichtenagentur dpa. Zu den Aussichten auf einen neuen Kompromiss meinte Heidar: "Die Anti-Walfangländer müssen begreifen, dass nachhaltiger Bestandsschutz nur über die Zulassung begrenzter Fangquoten möglich ist." Er nannte die Atmosphäre in Agadir trotz des Scheiterns des Papiers "besser als je zuvor".

Auch der deutsche Delegationsleiter Lindemann rechnet mit einer nötigen "Abkühlungsphase von mindestens einem Jahr". Dann solle weiter über die Zukunft der IWC verhandelt werden: "Es wird ein überarbeitetes Papier geben müssen." Auf der bis Freitag andauernden Konferenz in Agadir werden nun noch einzelne Themen wie Walschutzgebiete, Walfang indigener Völker und finanzielle Fragen verhandelt.

Starre Positionen und Korruptionsvorwürfe

Die meisten Tierschützer sind zufrieden. Die Organisation Pro Wildlife wertete es als großen Erfolg, dass der kommerzielle Walfang nun doch nicht freigegeben wird. Ein solcher Kompromiss hätte ausgerechnet die Länder belohnt, die seit vielen Jahren das Walfangverbot ignoriert haben, betonte die Organisation.

Neben den starren Positionen der Teilnehmer lähmten Korruptionsvorwürfe die Konferenz. So hat die Walfangnation Japan nach Recherchen der britischen Zeitung "Sunday Times" die Reise und die Hotelkosten für den Konferenzleiter Anthony Liverpool bezahlt.

Schon lange beschuldigen Tierschützer Japan zudem, Stimmen für den Walfang zu kaufen. "24 der 88 Mitgliedsländer sind von Japan offensichtlich bestochen worden", sagte Greenpeace-Sprecher Thilo Maack. "Länder, die hohe Entwicklungshilfe von Japan erhalten, tauchen bei der Konferenz auf und stimmen für Japan." So sei der Staat Elfenbeinküste sogar während des Bürgerkrieges eingetreten.

Greenepace: Walschutzkommission statt Walfangkommission

Auch Greenpeace ist zufrieden mit dem Versenken des Papiers "Die IWC hat den Holzweg auf dem sie war, verlassen", sagte Sprecher Maack. Nun könne man neue Wege gehen, um aus der Walfangkommission eine Walschutzkommission zu machen.

Die Umweltstiftung WWF ist eher enttäuscht. "Nach wie vor bleibt der Walfang außerhalb der internationalen Kontrolle, und der Status quo wird zementiert", sagte WWF-Artenschutzexperte Volker Homes. "Bedrohte Arten bleiben weiter auf der Abschussliste Japans." Es sei wichtig, weiter an einem Kompromiss zu arbeiten.

Andere Walschützer blicken über den Walfang hinaus: "Die völlig antiquierte IWC muss endlich ein Abkommen zum Schutz der Wale werden. Denn nicht nur Harpunen bedrohen die Wale, sondern auch die Verschmutzung und Erwärmung der Meere", sagte die Biologin Sandra Altherr von Pro Wildlife.

dpa