Der Lizenzentzug für den christlichen Sender Radio Paradiso ist besiegelt. Der Medienrat der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) beschloss am Dienstag, die bisher von Radio Paradiso genutzten UKW-Frequenzen in Berlin und Brandenburg ab Dezember an den Sender Oldiestar zu vergeben. Zur Begründung habe der Medienrat ausgeführt, dass Radio Paradiso wiederholt auf Defizite bei den Programmleistungen hingewiesen worden sei, teilte die MABB mit. Dies habe "Zweifel begründet, ob in der Zukunft wesentliche Verbesserungen beim Wortprogramm zu erwarten sind". Die Geschäftsführung des Senders kündigte rechtliche Schritte an. Auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) übte scharfe Kritik.
Vielfalt als zentrales Kriterium
Das Fortführungsinteresse des bisherigen Lizenzinhabers habe bei einer zweiten Verlängerung keinen absoluten Vorrang, hieß es in der MABB-Mitteilung. Der Medienrat müsse eine Auswahlentscheidung treffen, bei der "der zu erwartende Vielfaltsbeitrag" das zentrale Kriterium sei. Ein Ausschreibungsverfahren habe nur dann die notwendige Offenheit, wenn das Ergebnis nicht bereits vorher feststehe. Der Medienrat habe die Auswahlentscheidung nach den gesetzlichen Kriterien getroffen.
Der Sender Oldiestar habe trotz der bisher wesentlich geringeren technischen Reichweite "beachtliche Programmleistungen erbracht, insbesondere im journalistischen Bereich der Berichterstattung aus Berlin und Brandenburg". Dies begründe zusammen mit konkreten Zusagen auch für kirchliche Inhalte eine bessere Vielfaltsprognose als bei Radio Paradiso und den anderen Antragstellern. Auch die Musikfarbe sei eine Bereicherung der Gesamtvielfalt.
Charakteristisch für Radio Paradiso sei bisher "eine vom Musikformat bestimmte Wellness-Ausrichtung unter Verzicht auf Programmelemente, die die an der Musik interessierten Hörer stören könnten", so die MABB. Das steigere zwar die Reichweiten, trage aber nicht zu einem von journalistischen und christlichen Inhalten geprägten Programmprofil bei.
Sender plant rechtliche Schritte
Zudem habe der Medienrat bei den Gesellschaftern aus dem christlichen Bereich keine hinreichende Bereitschaft erkennen können, auf einen Ausbau journalistischer Elemente auch in den Hauptsendezeiten hinzuwirken und zu ihrer Finanzierung beizutragen. Auch die jüngste Ankündigung der Berliner Immanuel-Diakonie für eine künftige Unterstützung des Senders habe den Medienrat nicht veranlassen können, das Verfahren neu aufzurollen.
Der Geschäftsführer von Radio Paradiso, Matthias Gülzow, sagte dem epd: "Wir planen rechtliche Schritte gegen die Entscheidung und sehen dafür auch Anknüpfungspunkte." Zunächst müsse allerdings die Zustellung der schriftlichen Begründung abgewartet werden. Die "unglaubliche öffentliche Resonanz" habe in den vergangenen Wochen gezeigt, dass die Idee von Paradiso richtig sei und dass es sich lohne, dafür zu kämpfen.
Der Publizistik-Referent der EKD, Udo Hahn, bezeichnete die MABB-Entscheidung als "enttäuschend und nicht nachvollziehbar". Irritierend sei, dass der Aspekt der Bestandssicherung für die Medienanstalt zwar bei der ersten Verlängerung eine Rolle spiele, danach aber nicht mehr berücksichtigt werde. Dies sei nicht logisch. Dass Radio Paradiso angeblich kein von christlichen Inhalten geprägtes Programmprofil aufweise, sei ein Urteil, das in die "Definitionshoheit der kirchlichen Gesellschafter" eingreife. Der Beirat des Senders werde am 1. Juli über rechtlichen Schritte beraten.
Seit 1997 auf Sendung
Susanne Kahl-Passoth, Direktorin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, zeigte sich nach der MABB-Entscheidung "fassungslos". Es habe keinen Grund mehr gegeben, daran zu zweifeln, dass der Sender an den geäußerten Kritikpunkten gearbeitet habe und dies auch in Zukunft tun werde, erklärte sie.
Radio Paradiso war 1997 auf Sendung gegangen. Die Neuausschreibung der Frequenzen war nötig geworden, weil die Lizenz bereits einmal verlängert worden war. Vertreter aus Kirche und Politik hatten sich in den vergangenen Wochen für den Erhalt der Lizenz ausgesprochen, nachdem der Medienrat im Mai die Entscheidung zugunsten von Oldiestar getroffen hatte. Am Dienstag wurde die formelle Begründung formuliert, die nun den Verfahrensbeteiligten zugestellt wird.
Hauptgesellschafter von Radio Paradiso sind die Evangelische Darlehnsgenossenschaft und die Berliner Immanuel-Diakonie. Die EKD Media, die ebenfalls Anteile hält, gehört zu 60 Prozent der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und zu 40 Prozent dem Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP). Das GEP trägt unter anderem die Zentralredaktion des Evangelischen Pressedienstes (epd) sowie evangelisch.de.