"50 erste Dates", 21. Juni, 20.15 Uhr, Sat.1
Zugegeben, Witze über Alzheimer sind geschmacklos. Einer geht so: Zu den Vorzügen von Alzheimer gehört, dass man ständig neue Menschen kennen lernt. Lucy würde das nicht komisch finden, denn Lucy ist ganz offensichtlich alles andere als schadenfroh. Außerdem ist sie Betroffene; aber das hat sie vergessen. Henry weiß das natürlich nicht. Deshalb ist er ziemlich platt, als sie ihm beim Rendezvous am Tag nach ihrer ersten Begegnung eine kühle Abfuhr erteilt.
Des Rätsels Lösung: Lucy leidet seit einem Autounfall unter Amnesie. Weil das Kurzzeitgedächtnis die tagsüber neu gewonnenen Informationen nachts nicht im Langzeitgedächtnis speichern kann, wacht sie jeden Morgen in der Überzeugung auf, heute habe ihr Vater Geburtstag. In seiner Hilflosigkeit macht der die Zeitschleife seit über einem Jahr mit: guckt sich jeden Tag brav immer wieder dasselbe Football-Spiel im Fernsehen an, während sich Lucy künstlerisch in seiner Werkstatt austobt, die er allnächtlich aufs Neue weiß streicht. Natürlich lässt es sich nicht vermeiden, dass nicht eingeweihte Zeitgenossen hin und wieder die vermeintliche Idylle zerstören. Dann fährt die Familie ins Krankenhaus, wo ein Arzt (Dan Aykroyd) Lucy geduldig die Diagnose erläutert. Seine niederschmetternde Prognose: unheilbar.
Henry aber gibt nicht auf. Selbst wenn man Adam Sandler unerträglich findet (und es gibt viele Gründe dafür): Nicht mal er kann diese schöne Geschichte kaputt machen. Klar, die Rolle hätten auch andere drauf gehabt; doch sogar seine Filmografie, die ja gespickt ist mit eher naiven Gestalten, prädestiniert ihn für den liebenswerten Tierarzt aus dem Sea-Life-Park auf Hawaii. In einer herrlich komischen Sequenz versucht Henry nun, Lucy mit immer absurderen Einfällen immer wieder kennen zu lernen. Und weil er der Meinung ist, jeder Tag, den ihr eifriger Vater sie liebevoll betrügt, sei ein verlorener Tag, produziert er ein Video, durch das sie allmorgendlich die Wahrheit erfährt. An Lucys Gefühlsverlust ändert das natürlich nichts: Henry muss ihr Herz täglich neu erobern. Fröhlich fasst Autor George Wing auch diese Erfolge in einer ebenso romantischen wie vergnüglichen Schnittfolge zusammen: mit einer ganzen Reihe "erster Küsse".
Wie gut die Geschichte ist, zeigt sich nicht zuletzt an den unvermeidlichen Sandlerismen: Die diversen plumpen, pubertären und zotigen Späße platzen so unvermittelt in die romantische Stimmung, dass sie einfach komisch sind; das gilt sogar für das kotzende Walross. Und so ist Wing mit seiner wilden Mischung aus dem Rache-Thriller !Memento! (ein Mann sucht den Mörder seiner Frau, verliert aber immer wieder sein Kurzzeitgedächtnis) sowie Harold Ramis’ Komödienklassiker "Und täglich grüßt das Murmeltier" ein richtig amüsanter Film gelungen.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).