"Der Kommissar und das Meer: Den Du nicht siehst", 19. Juni, 20.15 Uhr im ZDF
Als Versicherungsdetektiv wider Willen war Walter Sittler vor fünf Jahren schon mal drauf und dran, Hauptfigur einer ZDF-Filmreihe zu werden ("Gegen jede Chance"). Die ungenutzte Gelegenheit haben die Mainzer mit der Reihe "Der Kommissar und das Meer" nach Romanen der Schwedin Mari Jungstedt nachgeholt. Nun zeigt das "Zweite" noch mal den Auftakt der Reihe, die die typische Düsternis skandinavischer Krimis mit deutschem Knowhow kombiniert.
Sittler spielt Robert Anders, einen deutschen Kriminalhauptkommissar, den eine erst nach und nach preisgegebene Biografie auf die schwedische Ferieninsel Gotland verschlagen hat. Natürlich lebt der Film vor allem vom Kontrast zwischen der landschaftlichen Idylle und der Grausamkeit der begangenen Verbrechen. Aber auch die Hauptfigur ist nicht ohne: Anders, nomen est omen, wird auch schon mal gesagt, man sei hier nicht bei der SS. Außerdem trägt er ein Trauma mit sich herum: Als Kind musste er hilflos mit ansehen, wie seine kleine Schwester ertrank; seither meidet er Wasser, wo es nur geht, was auf einem Eiland naturgemäß nicht immer ganz einfach ist. Und schließlich ist das Verhältnis zum Vater seit jenem Vorfall reichlich distanziert (Friedrich von Thun, zunächst nur akustisch vertreten, taucht erst im zweiten Film auf).
Kameramann Gunnar Fuß sorgt für exquisite Aufnahmen, aber bei allem durch die bemerkenswerte Musik von Fabian Römer noch betonten atmosphärischen Reiz ist letztlich natürlich die Qualität des Drehbuchs entscheidend. Autorin Henriette Piper hält sich eng an den stark psychologisierenden Charakter der Romane. Im ersten Fall suchen Anders und seine Leute nach einem Frauenmörder. Natürlich kennt auf der Insel jeder so gut wie jeden, weshalb sich Privatleben und Ermittlungen zwangsläufig immer wieder überschneiden.
Ohnehin verbergen die adretten Fassaden der hübschen Sommerhäuser ähnlich wie die schöne Landschaft diverse Abgründe. Deshalb gibt es nach dem Mord an einer jungen Frau auch gleich eine ganze Reihe Verdächtiger, allen voran ihren Freund, mit dem sie am Abend zuvor kräftig Krach hatte und der am nächsten Morgen noch so viel Restalkohol mit sich rumträgt, dass er sich an nichts erinnern kann. Die beste Freundin der Toten muss konsterniert feststellen, dass ihr eigener Lebensgefährte schon länger ein Verhältnis mit dem Opfer hatte. Und ein Dritter im Bunde fliegt regelmäßig nach Osteuropa, um dort gewalttätigen Sexspielchen zu frönen; auch das würde zu den Umständen des Mordes passen. Als eine weitere Frau stirbt, sucht Anders nach Gemeinsamkeiten in der Vergangenheit der beiden Opfer, aber erst durch Zufall stößt er auf den Schlüssel zu diesem Fall.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).