Bislang war es der Kirche aber immerhin gelungen, so etwas wie Geschlossenheit zu zeigen. Dass Politiker der Regierungskoalition übereinander herfallen, daran hat sich das Publikum inzwischen gewöhnt. Dass sich nun auch Kirchenobere gegenseitig beschimpfen, ist eher neu.
In einem Interview mit der Zeitung "Die Welt" beklagte der ehemalige Augsburger Bischof Walter Mixa nun, er sei zu seinem Rücktritt regelrecht gedrängt worden. Den Verdacht des sexuellen Missbrauchs gegen ihn hätten höchste Geistliche des Bistums an die Presse lanciert, um ihn aus dem Amt zu drängen. Seine Glaubensbrüder hätten es an der nötigen Brüderlichkeit fehlen lassen, beklagte der Ex-Bischof.
Starkes Stück
Sieht man sich die Reaktionen der Glaubensbrüder an, so muss man feststellen, dass sie es zumindest an Anstand fehlen lassen – und dies ist schon bemerkenswert. Ein Sprecher des Münchener Bischofs Reinhard Marx erklärte am Mittwoch: "Nicht zuletzt im Interesse von Bischof emeritus Mixa sehen wir davon ab, Einzelheiten öffentlich auszubreiten." Man wünsche Mixa gute Genesung: "Sein Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik war ein wichtiger erster Schritt."
Psychiatrische Klinik? Mixa selbst hatte bislang nur bekanntgegeben, er habe sich in der Schweiz in einer Klinik aufgehalten, um "Probleme mit den Schleimbeuteln" behandeln zu lassen. Dass nun ausgerechnet seine Glaubensbrüder ein psychiatrisches Leiden weiter publik machen, ist schon ein starkes Stück.
Bei aller Kritik an Mixa, seinem merkwürdigen Verhalten, in seine alte Dienstwohnung zurückzukehren, beim Papst offenbar einen Rücktritt vom Rücktritt einzureichen und seinem etwas fragwürdigen Ansinnen, künftig wieder in der Seelsorge arbeiten zu wollen, gibt es doch Dinge, die sich nicht gehören. Krankheiten sind die privatesten aller Privatangelegenheiten – sich öffentlich über die eines anderen auszulassen, ist nicht nur stillos, sondern würdelos und moralisch fragwürdig.
Eigenes Urteil
Die Katholische Kirche hat sicherlich viele Fragen zu klären, und sie muss sich durchaus auch mit sich selbst beschäftigen (was übrigens für alle Institutionen gilt, auch die Evangelische Kirche). Dort, wo bislang einiges verschwiegen wurde, muss auch mehr Transparenz und Öffentlichkeit geschaffen werden. Aufenthalte von Ex-Bischöfen in psychiatrischen Kliniken gehören aber nicht in diese Transparenzkategorie und sollten dem Boulevard vorbehalten bleiben. Ob Bischof Mixa Probleme an den Schleimbeuteln oder doch woanders hat, darüber kann sich ohnehin jeder selbst ein Urteil bilden.
Henrik Schmitz ist Redakteur bei evangelisch.de und betreut die Ressorts Medien und Kultur.