Kirchen wollen "Vision eines gerechten Friedens" entwickeln
Gewaltfreiheit ist nach Ansicht des ehemaligen Generalsekretärs des Ökumenischen Rates der Kirchen, Konrad Raiser, entscheidend für einen gerechten Frieden in der Welt. "Wir können nicht darauf bestehen, stark zu sein, wenn wir dem Ruf zur Gewaltlosigkeit folgen", sagte Raiser am Sonntag in Karlsruhe. Anlass war der Abschluss der vor zehn Jahren von den ökumenischen Kirchen eingeleiteten "Dekade zur Überwindung von Gewalt".

Diese Dekade habe dazu beigetragen, "die dramatische Präsenz von Gewalt und ihrer vielfältigen Gesichter" in vielen Regionen und Ländern der Welt erkennbar zu machen, sagte Raiser. In dieser Zeit sei ein breiter gesellschaftlicher Diskurs über das Thema Gewalt und den Weg hin zu einem gerechten Frieden begonnen worden. Nun soll in den kommenden Monaten eine Erklärung ausgearbeitet werden, die nach den Jahren der Analyse zur Überwindung von Gewalt "die Vision des gerechten Friedens" in den Mittelpunkt stelle.

In dieser Erklärung soll das Konzept eines gerechten Friedens nicht mehr länger Ausdruck des Versuches sein, ein "Arbeitsbündnis" zwischen Pazifisten und Vertretern der Theorie des "gerechten Krieges" zu begründen. Vielmehr verweise die Vision von einem gerechten Frieden auf einen Prozess, "der diesen alten Gegensatz hinter sich lässt". Ein gerechter Friede, so Raiser, müsse Feindschaft, Ausgrenzung und Unterdrückung überwinden. Dies sei ein vielschichtiger und dynamischer Prozess, der darauf ausgerichtet sei, "dass Menschen frei von Angst und Not leben können", sagte Raiser.

"Ökumenische Erklärung zum gerechten Frieden" kommt im Mai 2011

Raiser war von 1992 bis 2003 ÖRK-Generalsekretär in Genf und hatte die "Dekade zur Überwindung von Gewalt" mit vorbereitet und eröffnet. Seit diesem Jahr leitet er die Redaktionsgruppe für den 2. Entwurf der "Ökumenischen Erklärung zum gerechten Frieden", die im Mai 2011 bei einer internationalen Friedensversammlung in Kingston (Jamaika) veröffentlicht werden soll.

1998 hatte der Ökumenische Rat der Kirchen bei seiner Vollversammlung in Harare die Dekade für die Jahre 2001 bis 2010 ausgerufen. Ziel sei es, die Suche nach Frieden und Versöhnung neu ins Zentrum kirchlicher Arbeit zu stellen, etwa im Rahmen der Frauen- oder in der Jugendarbeit. Außerdem sollten Gemeinden ermutigt werden, sich mit den unterschiedlichen Seiten von Gewalt auseinanderzusetzen und Schritte zur Überwindung auszuprobieren.

epd