Auf Streife in Südafrika: Acht Polizisten für deutsche Fans
Die deutsche Nationalmannschaft hat in Afrika einen ganzen Tross an Betreuern dabei. Die Fans kriegen nur acht: So viele deutsche Polizisten sind nämlich als Berater und Beobachter der Fan-Szene zur WM in Südafrika. Sie dürfen so lange bleiben, wie die deutsche Mannschaft mitspielt - hoffentlich bis zum Finale.
11.06.2010
Von Christiane Ried

Wenn am Sonntag im Durban Stadium Anpfiff ist für das erste WM-Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Australien, wird auch Thomas Bauknecht mit dabei sein. Der 40-Jährige ist zwar kein ausgewiesener Fußball-Fan, trotzdem wird er die DFB-Elf um Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger zu jedem Spiel quer durch Südafrika begleiten. "Wenn es sein muss, bis ins Endspiel", sagt er grinsend. Bauknecht, Oberkommissar im Polizeipräsidium Stuttgart, ist einer von acht sogenannten szenekundigen Polizisten aus ganz Deutschland, die zur WM ans Kap der guten Hoffnung reisen. Dort sollen sie ihren südafrikanischen Kollegen beratend zur Seite stehen und die deutsche Fanszene im Auge behalten.

Begleiten, beraten und deeskalieren

Bauknecht hat schon viel Erfahrung gesammelt bei Fußball-Einsätzen. Als Experte unter anderem für Bandenkriminalität ist er bei Bundesligaspielen regelmäßig vor Ort genauso wie bei der Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz vor zwei Jahren. Ausgewählt für WM- und EM-Turniere werden nur Polizisten, die zu den bundesweit 16 szenekundigen Beamten bei der "Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze" (ZIS) gehören und damit "Experten in Sachen Fußball und Hooligans" sind, wie der Oberkommissar erläutert.

Neben der Beobachtung der Fanszene sollen die Einsatzkräfte, die im Ausland nur in zivil und unbewaffnet unterwegs sind, der Polizei vor Ort auch bei Gesprächen mit deutschen Fans behilflich sein. "Wir haben keine Befugnisse, sondern begleiten und beraten die südafrikanischen Kollegen und sind deeskalierend tätig", sagt Bauknecht. Ob er im Stadion sein werde oder bei Public-Viewing-Veranstaltungen, stelle sich erst vor Ort heraus. Für den Einsatz seien die Beamten in Seminaren über Landeskunde und interkulturelle Kompetenz sowie mit Englischkursen vorbereit worden.

"Die WM ist sicher"

Polizeieinsätze bei Turnieren im Ausland haben eine kurze Tradition. Seit Anfang der 90er Jahre, als Fußballfans vermehrt ihren Mannschaften durch die ganze Welt hinterher reisten, würden die teilnehmenden Länder ihre Polizisten ins Gastgeberland entsenden, erläutert der ZIS-Leiter in Neuss, Ingo Rautenberg. Für diese WM hätte die südafrikanische Polizei acht deutsche Beamte angefordert, die als Delegation anreisen und zunächst zentral in Pretoria untergebracht werden.

Bedenken in puncto Sicherheit hat Bauknecht nicht. "Die WM in Südafrika ist sicher", ist der Oberkommissar trotz der dort hohen Kriminalitätsrate überzeugt. Die Polizei sei gut aufgestellt, und er gehe nicht davon aus, "dass große Gruppen von deutschen Problemfans runter fliegen werden". Eine Reise nach Südafrika sei für viele Fans schlichtweg zu teuer und aufwendig. "Große Schwierigkeiten mit Hooligans" habe es bei der EM 2008 gegeben, weil da die Wege kürzer gewesen seien. "Beim Vorrundenspiel Deutschland gegen Polen hatten wir viele Festnahmen, weil sich ein Fanmob unter den Deutschen gebildet hat", erinnert sich Bauknecht.

Feierfreudige deutsche Fans werden nicht auf Alkohol verzichten

Auch Rautenberg erwartet "keine Anreise gewaltbereiter Fans in einer relevanten Größenordnung". Problematisch könnte es mit dem Alkoholkonsum werden. "In deutschen Stadien spielt Alkohol eine Rolle", weiß Rautenberg. Trotz des Alkoholverbots in der Öffentlichkeit, das in Südafrika herrscht, würden die als feierfreudig geltenden deutschen Fans dieses Verhalten wohl nicht gänzlich ändern. Bei solchen Feinheiten in den Fanszenen sei die südafrikanische Polizei auf die Hilfe ausländischer Kollegen angewiesen.

Ganz Deutschland wird in den nächsten Wochen mit der deutschen Mannschaft mitfiebern und hoffen, dass sie das Endspiel am 11. Juli in Johannesburg erreicht. So auch Bauknecht. Denn fliegt die DFB-Elf vorzeitig aus dem Turnier, muss auch die Polizeidelegation die verfrühte Heimreise antreten. Und Bauknecht entginge die Chance, vier Wochen lang "über den Tellerrand seiner täglichen Arbeit hinauszuschauen" und mitzuerleben, wie Polizei im Ausland funktioniert. "Denn das ist ja mit das Interessanteste an meinem Job in Südafrika."

epd