Das Wort "Sparen" gehört nicht zu den wichtigsten in der Bibel. Wenn man es genau nimmt, kommt es sogar nur ein einziges Mal vor. In einigen Fällen wird zwar ein sparsamer Umgang mit geistigen Dingen erwähnt, aber nur an einer Stelle geht es wirklich um das Sparen, wie wir es heute verstehen, nämlich als verantwortungsvollen Umgang mit Mitteln und Ressourcen. Die Bemerkung findet sich im Buch Jesus Sirach, einer Spätschrift aus der Zeit des Alten Testaments; und dort heißt es wörtlich: "Mancher Mensch kargt und spart und wird dadurch reich" (11,7).
Im ersten Moment klingt dieser Spruch wie eine Binsenweisheit, er ist es aber nicht, wie wir gerade in diesen Tagen hautnah erleben können. Nicht ohne Grund denken wir bei dem Stichwort "sparen" zunächst an Menschen, die einen Teil ihres Einkommens auf die hohe Kante legen, um auf diese Weise einen kleinen Vorrat anzusammeln. Sparen meint also eine Art der Rücklage, die wir in guten Jahren abzwacken, um in der Not eine Reserve zu haben. Aber das ist nicht das Problem, das uns zurzeit beschäftigt.
Es geht nicht ums Sparen, sondern um die Folgen des Nicht-Sparens
Bei der Debatte um das Sparpaket, das derzeit die Bundesrepublik in Aufregung versetzt, geht es im Grunde genommen nicht um Sparen. Es geht vielmehr um die Konsequenzen, die daraus entstehen, dass wir eben nicht rechtzeitig gespart haben. Die Einschnitte in den Haushalt, die die Bundesregierung vorgelegt hat, müssen ein Defizit beheben, das uns immer mehr in die Verschuldung treibt und somit die Lasten unseres Lebens auf die nachfolgenden Generationen abwälzt. Das will letztlich niemand, und deshalb gibt es in der Bevölkerung auch weitgehend ein Einverständnis, das sagt: Ja, es ist richtig, dass wir nicht mehr über unsere Verhältnisse leben, es ist auch gut, dass wir mit dem auszukommen versuchen, was wir haben.
Eine ganz andere Frage ist dabei aber, wo diese Einschnitte vorgenommen werden. Ausgerechnet die Sozialhilfeempfänger sollen darunter leiden. Ihnen soll etwa Elterngeld und Heizkostenzuschlag gestrichen werden, und für Langzeitarbeitslose soll keine Rentenversicherung mehr abgeführt werden. Das alles hat zu großem Unmut geführt, und zwar über die Grenzen der Parteien hinweg. Auch Vertreter der Kirchen haben Bedenken angemeldet. Ihrer Meinung nach ist die soziale Balance gefährdet, wenn in erster Linie die sozial Schwachen die Lasten tragen sollen, Spitzenverdiener und die Banken aber weitgehend verschont bleiben.
Christliche Ethik als Wegweiser zum Sparen
Zur Diskussion steht also gar nicht das Sparen, sondern vielmehr die Frage der Verteilung und des sozialen Friedens. Und dafür gibt es im Neuen Testament dann doch noch einen kleinen Hinweis, der uns weiterhelfen kann. Im Lukas-Evangelium (Lk 18) wird geschildert, dass ein wohlhabender Mann zu Jesus kommt und ihm die wichtige Frage stellt: "Was muss ich tun, um ein gelingendes Leben zu führen?" Nach kurzem Zögern antwortet dieser: "Verkauf alles was du hast und gib es den Armen, dann wirst du einen Schatz im Himmel haben."
Die Forderung ist ein wenig überspitzt, aber als Richtungsangabe mag sie trotzdem taugen. Warum sollten nicht diejenigen, die etwas zum Sparen haben, jenen unter die Arme greifen, die schon jetzt am Minimum leben. Ihr Schatz auf dem Konto würde sich dann wohl verringern, aber dafür hätten sie etwas zu verbuchen, was nicht minder wertvoll ist. Das ist nicht schwärmende Sozialromantik, sondern christliche Ethik. Und der Weisheitsspruch aus dem Alten Testament bekäme dann eine ganz neue Bedeutung: Mancher Mensch gibt eben ab und wird dadurch erst reich!
Dr. Matthias Viertel, unter anderem Leiter der evangelischen Akademie Hofgeismar von 1996 bis 2004, ist Pastor in Kiel und bringt jahrelange Rundfunkerfahrung mit in die Morgenandachten.