Es ist ein Bild wie aus dem Paradies. Sechs Stiere liegen im Schatten unter einer alten Steineiche. Das Gras auf den Weiden ringsum steht hoch, im Winter hat es viel geschneit, und aus der Sierra de Guardarama vor Madrid fließt viel Wasser herunter. Im diesigen Frühjahrslicht zeichnen sich in der Ferne die Hochhäuser von Madrid ab, wie aus einer anderen Welt. "So gut wie diesen Kampfstieren geht es keinem Masttier", sagt Manuel Sanz überzeugt. Er züchtet in Colmenar Viejo bei Madrid Kampfstiere und hat kein Verständnis für die Gegner des Stierkampfs, die in diesem Frühjahr erneut eine Debatte über das blutige Ritual in Gang gesetzt haben. In der Region Katalonien will das Parlament noch vor der Sommerpause über ein Verbot entscheiden.
Der Tag hat für Manuel Sanz früh begonnen. Zwei Jungstiere sind mit den Hörnern aufeinander los, haben dabei eine Mauer durchbrochen, die die Weide begrenzt. Mit einem Geländewagen und laut hupend und rufend hat er sie schließlich wieder zu den anderen Tieren zurückgetrieben. "Zum Glück passiert das nicht ständig", sagt er und wischt sich den Schweiß von der Stirn.
"Die machen nichts", die wollen nur spielen?
Auf der 400 Hektar großen Finca leben seine knapp 40 Stiere, nach Jahrgängen getrennt. Manuel Sanz füllt die Futterstellen auf, jeder Stier hat einen eigenen Trog. "Gerste, Mais, Hafer, Bohnen, Soja und ein Vitaminzusatz", erklärt der Züchter. Währenddessen spricht er mit den Tieren, mal langsam und leise, dann ruft er wieder laut.
Fremden gegenüber sind die Tiere misstrauisch. "Die machen nichts", versichert Sanz selbst, als die rund 400 Kilo schweren Tiere den Kopf senken und ihre Hörner zeigen. "Nur in der Arena greifen sie an, sie verteidigen sich ja, es geht um ihr Leben. Ein solcher Tod nach 20, 25 Minuten ist würdevoll", ist der Züchter überzeugt. "Im Schlachthof hätten sie diese Möglichkeit nicht. Darum sage ich ja, dass sie dort mehr leiden." Aber den Kritikern könne man das nicht erklären.
Manuel Sanz meint die Stierkampfgegner, die immer heftiger gegen die "fiesta nacional" protestieren. Im nordostspanischen Katalonien streiten die Parlamentarier seit Monaten über ein Verbot, bald soll die Entscheidung fallen. Die Anhörung im Parlament war der Spiegel eines sich schon seit Jahren wiederholenden Rituals, bei dem die Argumente längst ausgetauscht sind. Ein echter Dialog scheint kaum möglich: Für die einen ist Stierkampf eine Tierquälerei, für die anderen Hochkultur und ein Zeichen spanischer Identität. Die Frage, ob das ritualisierte Töten in der Arena ethisch zu rechtfertigen ist, hat die Fronten längst verhärtet.
Brutalität ist kein Kulturgut
"So eine Schule der Brutalität darf niemals zum Kulturgut erklärt werden", verlangten jüngst Teilnehmer einer Demonstration in der Madrider Innenstadt. Sie kritisierten die Pläne einiger spanischer Regionalregierungen, den Stierkampf als Kulturgut zu schützen und forderten, das Verhältnis zwischen Mensch und Tier grundsätzlich zu überprüfen.
Dabei gäbe es durchaus Ansatzpunkte für einen Dialog. Kaum etwas verachten etwa die Anhänger des Stierkampfs mehr, als ängstliche Toreros, deren zaghaftes Verhalten das Leiden des Stiers unnötig verlängert. So steht der Torero beim Töten des Tiers unmittelbar vor ihm, um ihm den Degen durch die Schulterblätter bis ins Herz zu stechen, während der Stier auf ihn zuläuft. Dreht sich der Torero zu früh weg, trifft er die fragliche Stelle nicht. "Das ist Tierquälerei", schrieb darum auch einmal "El País" in einer Stierkampfkritik über einen Kampf, bei dem der Torero immer wieder vergeblich zum Töten ansetzte.
"Dafür gemacht, in der Arena zu sterben"
Aber auch Manuel Sanz ist von der Haltung der Tier- und Umweltschützer nicht so weit entfernt, wenn er über Landschaftsschutz und ausufernde Bebauungspläne spricht. Früher hätten die Züchter von Colmenar Viejo die Stiere aus der Madrider Sierra bis nach Madrid zu Fuß getrieben, erzählt er. Dafür benutzten sie die "Cañadas Reales", königliche Viehwege, die König Alfons der Weise schon im 13. Jahrhundert unter Schutz gestellt hatte. Doch inzwischen werden diese traditionellen Wege immer mehr verbaut, verlaufen durch geschlossene Ortschaften. "Mit Kampfstieren kann man da nicht mehr durch", sagt der Züchter.
Der Widerspruch zwischen der Fürsorge für die Tiere und dem Kampf in der Arena löst sich für Außenstehende schwer auf. Vier Jahre zieht Manuel Sanz die Kampfstiere auf, sorgt sich darum, dass es ihnen gut geht, spricht mit ihnen. Aber wenn in der Arena ihr Blut fließt, sieht er keinen Grund für Mitleid. "Wenn sie in den Schlachthof kämen, das würde mich sehr schmerzen", sagt er, und erklärt: "Diese Tiere sind nicht dafür da, im Schlachthof zu sterben. Sie sind dafür gemacht, in der Arena zu sterben."