Vereinte Nationen erhöhen Sanktionsdruck auf Iran
Nach monatelangen Verhandlungen der mächtigsten Länder der Erde haben die Vereinten Nationen Ernst gemacht. Mit neuen, schärferen Sanktionen will der UN-Sicherheitsrat den Iran dazu zwingen, sein ebenso umstrittenes wie geheimnisumwobenes Atomprogramm offenzulegen. Die Sanktionen wurden mit großer Mehrheit, aber nicht einstimmig verabschiedet.

Aus Sorge vor einer künftigen Atommacht Iran hat der Weltsicherheitsrat neue Strafmaßnahmen gegen das Land verhängt. Zwölf der 15 Mitglieder stimmten Resolution 1929 am Mittwoch zu. Brasilien und die Türkei lehnten schärfere Sanktionen ab. Die Möglichkeiten eines friedlichen Dialogs seien nicht ausgeschöpft, sagten sie. Der Libanon enthielt sich der Stimme. Nötig waren neun Stimmen. Der Westen wirft dem Iran vor, heimlich Atomwaffen zu entwickeln. Aber auch Russland und China wollten den Druck auf Teheran erhöhen.

Ahmadinedschad bleibt unbeeindruckt: Urananreicherung geht weiter

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) begrüßte die neue UN-Resolution zum iranischen Atomprogramm als eine klare und ausgewogene Antwort auf die anhaltende Weigerung des Iran, die Zweifel an der friedlichen Natur seines Atomprogramms auszuräumen". Mit ihr gebe die internationale Gemeinschaft ein deutliches Signal ab, dass eine atomare Bewaffnung Irans nicht akzeptabel sei. Die Tür für Zusammenarbeit und Transparenz sei weiter offen, sagte Westerwelle in Berlin. Deutschland war immer eingebunden in die Verhandlungen, ist aber nicht Mitglied des Sicherheitsrates.

Derweil zeigte sich Teheran unbeeindruckt. "Wir werden von links und rechts mit Drohungen und Sanktionen überschüttet. Für uns ist das wie eine lästige Schmeißfliege", sagte der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad am Mittwoch bei einem Treffen mit Iranern in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe.

Der Iran werde die Urananreicherung fortsetzen, sagte der iranische IAEA-Botschafter Ali Asghar Soltanieh in Wien, "egal wie viele Resolutionen noch kommen". Die Weltmächte sollten inzwischen gelernt haben, dass sein Land nicht auf Druck reagiere. Ob der Iran nun wie angedroht seine Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA einschränkt, wollte Soltanieh nicht sagen.

USA, Russland und China auf einer Linie

US-Präsident Barack Obama lobte die neuen Strafmaßnahmen als "unmissverständliche Erklärung" der Staatengemeinschaft, dass sie dem Iran nicht erlaube werde, Atomwaffen zu entwickeln. "Dies sind die umfassendsten Sanktionen, denen die iranische Führung je ausgesetzt war", sagte er. Seine UN-Botschafterin Susan Rice beschrieb die Maßnahmen als "ebenso hart wie smart und präzise". Der Iran habe eine Gelegenheit nach der anderen gescheut, "die friedliche Natur seines Atomprogramms zu beweisen".

Der chinesische UN-Botschafter Li Baodong forderte alle Welt auf, die Bestimmungen jetzt umzusetzen. Russlands UN-Botschafter Vitali Tschurkin erklärte, dass seine Regierung "enorme Anstrengungen" unternommen habe, um den Iran von seiner Verpflichtung gegenüber der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zu überzeugen. Tschurkin betonte, dass die neuen Sanktionen "nicht eine Bestimmung enthalten, die der iranischen Zivilbevölkerung schaden könnte". Russlands Regierungschef Wladimir Putin hatte schon zuvor erklärt: "Ich bin der Ansicht, dass die Resolution (...) weder die iranische Führung noch das Volk in Schwierigkeiten bringen darf."

Keine Panzer, Hubschrauber, Kriegsschiffe und Raketen mehr für Iran

Die Maßnahmen richten sich erstmals auch gegen die iranischen Revolutionsgarden, eine der Säulen des Systems. Sie umfassen ein Reiseverbot für Mitglieder der paramilitärischen Truppe und Angestellte der von ihnen geführten Firmen. Hinzu kommen Kontensperrungen und Handelsbeschränkungen. Der Handel mit Öl und Ölprodukten wurde jedoch, ein Zugeständnis an China, nur gestreift.

Künftig dürfen Panzer, Kampfhubschrauber, Kriegsschiffe und Raketensysteme nicht mehr an den Iran verkauft werden. Die neuen Sanktionen werden ebenso wie die bisherigen seit 2006 verhängten Strafmaßnahmen völkerrechtlich verbindlich sein. Das bedeutet, dass Schiffe mit Frachtgut für den Iran gestoppt und auf geschmuggelte Waffen und Waffentechnologien durchsucht werden können.

Ahmadinedschad warf dem Westen vor, die "gewinnträchtige Atomkraft" aus Profitstreben nur für sich behalten zu wollen. "Die Atomenergie ist eine saubere Energieform, welche die vorherrschenden Staaten nicht teilen wollen. Wegen dieser Politik wächst auch die Gefahr eines Klimawandels", sagte Ahmadinedschad auf einer Konferenz in Duschanbe in Tadschikistan. Bei dem Atomstreit drehe es sich nur um "materielle Erwägungen" der Staaten mit "Vormachtstellung".

EU: Weitere Verhandlungen sind trotz Sanktionen möglich

Die neuen Sanktionen des UN-Sicherheitsrates gegen den Iran sind nach Ansicht der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton kein Hindernis für Verhandlungen über das Atomprogramm. "Die Tür für Verhandlungen bleibt offen", sagte eine Sprecherin Ashtons am Mittwochabend in Brüssel. Auch die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Chinas, Russlands sowie der USA bekräftigten ihre Bereitschaft zu einer Verhandlungslösung. Sie wollten "die Gelegenheit nutzen und uns erneut zu unserer Entschlossenheit und unserem Engagement zur Suche einer zügigen Verhandlungslösung des iranischen Nukleardossiers bekennen", hieß es am Mittwoch in einer gemeinsam herausgegebenen Erklärung der EU- Minister und ihren Amtskollegen aus Ländern mit Sitz im UN-Sicherheitsrat (sogenannte "E3+3"-Länder).

Das Stimmverhalten der aktuellen Mitglieder des Sicherheitsrates Brasilien, Türkei und Libanon war mit Spannung erwartet worden. Der Libanon ist muslimisch geprägt und enthielt sich in der Abstimmung der Stimme. Die beiden anderen Länder votierten klar gegen die Resolution. Sie hatten mit dem Iran einen Kompromiss ausgehandelt, der den Vetomächten - USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich - und Deutschland allerdings nicht weit genug ging. Der Iran würde nur einen Teil des Urans unter ausländische Kontrolle bringen und immer noch genug für eine Bombe haben, lautete die Kritik.

dpa