Filmtipp der Woche: "Mein Name ist Khan"
Er gehört zu den Megastars des indischen Films: Shah Rukh Khan. Mit seinem Film "Mein Name ist Khan", der in Deutschland am 10. Juni startet, betritt er Neuland: Es ist ein Polit-Epos, mit einer ziemlich gewagten Mischung aus Tragikomödie, Love Story und Terrorangst-Thriller. Die Botschaft: Alle Menschen haben die gleichen Rechte.
09.06.2010
Von Birgit Glombitza

Er neigt den Kopf zur Seite, sein Blick ist starr und stur nach unten gerichtet, aus seinem Mund kommen Töne wie bei einem Schluckauf. Die ersten Minuten von "Mein Name ist Khan" überraschen den Zuschauer, der buntes Unterhaltungskino erwartet hat. Doch der von Bollywood-Megastar Shah Rukh Khan dargestellte Held der Geschichte, Rizwan Khan, ist ein Autist.

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Seine Rolle erschöpft sich darin aber keineswegs: Rizwan Khan ist zugleich Komödiant, tragischer Held und dazu noch begehrenswerter Liebhaber. Die Übergänge zwischen tränennassem Melodram und tänzelnder Liebeskomödie, zwischen moralischem Verbesserungskino und glatter Unterhaltung finden in diesem Film schneller statt als die Garderobenwechsel der Hauptdarsteller.

Das Gute in der Welt

Ähnlich wie seine Vorläufer, dem von Dustin Hoffman gespielten Autisten aus "Rain Man" oder Tom Hanks simpel gestrickter "Forrest Gump", vertritt auch Khan das Gute inmitten einer zu Schlechtigkeiten neigenden Welt, der er glaubhaft und kompromisslos den Frieden erklärt. Als eine Art Avon-Berater zieht er mit Tiegeln und Tuben durch die Schönheitsstudios von San Francisco und erobert dabei zielstrebig Mandira (Kajol), die schönste, strahlendste, herzlichste Friseurin.

Für einige Zeit kehrt auf der Leinwand farbiges Glück ein. Doch mit dem 11. September kommt das Unglück: Weil er Khans Stiefsohn, mithin der Spross eines Muslimen ist, wird Mandiras Sohn aus erster Ehe auf dem Fußballplatz erschlagen. Die Familie zerbricht, Mandira verbittert, Khan wird verstoßen.

Odyssee durch die USA

Um das Herz der versteinerten Mandira wieder zu erweichen und seine Unschuld zu retten, begibt sich Khan auf eine Odyssee durch die USA. "Mein Name ist Khan. Ich bin kein Terrorist", sagt er nun immer und immer wieder, in jedes Gesicht und jede Kamera. Er erlebt politische Verfolgung, durchleidet folterähnliche Verhörmethoden, appelliert an den Präsidenten, mobilisiert alle Medien und Naturkatastrophen. Nach zwei Stunden schwirrt einem der Kopf vor der unbändigen Fabulierlust dieses Genres und vor all seinen himmelhoch jauchzenden, dann wieder bodenlos tragischen Wendungen.

Am Ende gibt es kaum eine historische Begebenheit der letzten Jahre, bei der Khan nicht seine Finger im Spiel hat: von der Vereitlung islamistischer Attentate über die Rettung von Opfern eines Hurrikans bis zum Machtwechsel im Weißen Haus. "Mein Name ist Khan" gleicht streckenweise einer Erweckungsgeschichte der Vereinigten Staaten. Doch sie wird von "außen" erzählt, aus der Randgruppenperspektive eines indisch-muslimischen Einwanderers. Die Wand, gegen die der Autist Khan anrennt, ist am Ende nichts anderes als der Autismus der westlichen Arroganz.

Westliche Angstmaschinerien

Der Clash aus dem Traumkonstrukt indischer Massenunterhaltung und den Projektionen westlicher Angstmaschinerien macht aus diesem bonbonbunten, prächtig überdrehten und amüsanten Bollywood-Stück eine sowohl selbstbewusste als auch doppelbödige Angelegenheit.
 

epd