Käßmann erneuerte ihre Kritik am Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. "Es war richtig und gut diese Debatte anzustoßen. Sie ist aber noch nicht zu Ende geführt worden", beklagte die Theologin. Man müsse anfangen, den menschlichen Opfern mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Sie ermutigte auch die Kirchen zum Handeln, indem sie aus Afghanistan zurückgekehrten Soldaten oder Ärzten einen Raum geben könnten, um über ihre Erlebnisse zu sprechen.
Auch zu ihrer Zukunftsperspektive äußerte sich Käßmann in Gladbeck. "An meinem 52. Geburtstag in der vergangenen Woche bin ich aufgewacht und habe mich angesichts meiner Zukunft gefühlt wie im Monopoly-Spiel bei 'Zurück auf Los!'" Bis jetzt wisse sie nur, dass sie nach dem Ende August beginnenden viermonatigen Aufenthalt an der Universität in Atlanta definitiv nach Deutschland zurückkehren werde. "Ich möchte aber eigentlich keine Arbeit in der Politik oder Wirtschaft übernehmen, sondern in der Kirche", sagte sie. "Bis Dezember habe sie aber erst einmal "ausgesorgt".
Gesichter für Evangelisch-Sein
Ebenfalls äußerte sich Käßmann zur umfangreichen Medienpräsenz nach ihrem Rücktritt. Sie sei überrascht gewesen und hätte anfangs "die Nase gestrichen voll gehabt" und deshalb öffentliche Auftritte abgesagt. Dass die Medien sie teilweise wie einen Superstar behandelt hätten, sei für sie "absolut unevangelisch", da es das Priestertum aller Gläubigen gebe.
Jedoch habe sie gespürt, auch auf dem Ökumenischen Kirchentag in München, ihrem ersten öffentlichen Auftritt nach dem Rücktritt, dass die Menschen offenbar auch Gesichter für ihr Evangelisch-Sein suchen würden. "Ich hoffe, dass es auch weiterhin in der Kirche offensive Leute gibt, die mutig zu ihrem Christ-Sein stehen", sagte Käßmann.
epd