"Ausgerechnet Afrika", 7.Juni, 20.15 Uhr bei RTL
Langsam kann man den Eindruck bekommen, es spielten mehr Fernsehfilme in Afrika als in Deutschland. Meist geht es trotzdem bloß um die üblichen Geschichten von Männern und Frauen. "Ausgerechnet Afrika" allerdings entwickelt sich zum echten Abenteuerfilm. Fauna und Flora sind in dieser Geschichte also mehr als bloß ein exotischer Hintergrund.
Außerdem gelingt es Autor Jens-Frederik Otto, eine Romanze zu erzählen, in der das potenzielle Liebespaar nicht einen einzigen Kuss austauscht. Dabei knistert es sogar ziemlich vernehmlich zwischen Tierärztin Sarah Voss (Jasmin Gerat) und Chefarzt Martin Winter (Alexander Sternberg). Allerdings haben beide ihr Herz schon vergeben: Er will seine Frau Anne (Rike Schmid) heimholen, die ihn vor einem halben Jahr verlassen hat, um in einer Buschklinik als Ärztin zu arbeiten. Sie himmelt heimlich Annes dänischen Kollegen Lars (Carsten Norgaard) an, aber den hat sich Anne schon geangelt; deshalb sind Martins Aussichten auch von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Wenig Ausstrahlung
Sternberg stattet den Doktor aus Hamburg allerdings mit reichlich wenig Ausstrahlung aus. Das passt zwar zur Rolle, aber man fragt man doch, was die hübsche Anne wohl an ihm gefunden haben mag. Mit seinem steifen Auftritt ist Winter die perfekte Zielscheibe für die freche Sarah, die ihn nach Strich und Faden auf die Schippe nimmt; Jasmin Gerat spielt das wirklich hübsch. Im Verlauf der Handlung taut der kühle Hanseat zwar auf, aber Sternbergs Ausstrahlung hält sich immer noch in Grenzen.
Dafür entwickelt sich die Geschichte in eine ganz andere Richtung: Irgendjemand treibt einen illegalen Handel mit wertvollen Medikamenten. Anne und Lars fliegen mit dem Flugzeug davon, um die Hintermänner zu suchen. Als der Funkkontakt abbricht, machen sich Sarah und Martin per Jeep auf den Weg. Der Film hat nun seine besten Momente, weil sich das Paar mit Hilfe eines Unwetters, der Begegnung mit einer missmutigen Löwin und der Bedrohung durch ziemlich fiese Wilderer rasch näher kommt, zumal Martin für das Leben im Busch völlig ungeeignet ist.
Romantische Komödie?
Zwischenzeitlich wirkt „Ausgerechnet Afrika“ dank der Dialoge zwischen Gerat und Sternberg wie eine romantische Komödie, doch der Eindruck täuscht: Die Handlung entwickelt sich noch recht dramatisch. Dafür sind die Tierszenen und die herrlichen Afrikapanoramen ein echter Blickfang; ein Löwenbaby stiehlt den Darstellern mühelos die Show. Andererseits gibt es auch einige Einstellungen zum Wegschauen, und das gilt nicht nur für die Aufnahmen der diversen Operationen. Die schlimmsten Bilder spielen sich allerdings im Kopf ab, als Martin einem Jungen das Bein amputieren muss und bloß eine Holzsäge zur Verfügung hat. Ein getötetes und seines Horns beraubtes Nashorn ist auch kein schöner Anblick.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).