Zum ersten Mal in seiner achtzigjährigen Geschichte findet das riesige Sportspektakel auf afrikanischem Boden statt. Überall auf dem Kontinent ist das WM-Fieber ausgebrochen. "Das ist unsere WM, endlich sieht die Welt auf Afrika", freut sich der 34-jährige Edward Murungi, der im ostafrikanischen Kenia eine Jugendmannschaft trainiert. "Und wir werden der Welt zeigen, dass auch wir Afrikaner in der Lage sind, ein Weltklasse-Turnier auszurichten."
Kein anderes Gesprächsthema mehr
In Harare, der Hauptstadt von Südafrikas Nachbarland Simbabwe, gab es vor dem Freundschaftsspiel gegen Brasilien am vergangenen Mittwoch tagelang kein anderes Gesprächsthema mehr. Im Nachbarland Malawi finden die Vuvuzela-Tröten aus gelbem Plastik reißenden Absatz, die bisher nur Südafrikas Stadien in ohrenbetäubenden Lärm hüllten. Und in Kenia und Uganda packen Dutzende die letzten Bierkisten in die gerammelt vollen Geländewagen, die es noch bis zum Eröffnungsspiel nach Südafrika schaffen sollen.
Doch nirgends ist die Stimmung so ausgelassen wie in den afrikanischen Nationen, deren Teams in Südafrika auf dem Platz stehen. "Sieh her, ich trinke das gleiche Bier wie Eto'o", lallt ein angetrunkener Fan auf der Rue Babylone, die in Kameruns großer Hafenstadt Douala schlicht "Fanmeile" genannt wird. Hier steht eine Kaschemme neben der anderen, simple Holzbuden, die sich am Abend eines Spiels in Partyzonen verwandeln. "Barça" heißt die bekannteste Kneipe, in der das "Parlement 9" seinen Sitz hat, der wahrscheinlich älteste und berühmteste Fanclub von Superstar Samuel Eto'o.
"Da ist Samuel geboren"
"Da lang, ganz am Ende der Straße, da ist Samuel geboren", erklärt Charles Seppé, der Präsident des "Parlaments der neun". Seine Flasche "Isenbeck" leert Seppé im Schein einer rußenden Kerosinlampe, Strom gibt es auf der Rue Babylone und im dicht bebauten Armenviertel New Bell nicht. Eto'o, der als 13-Jähriger erstmals für einen kamerunischen Zweitligisten unter Vertrag stand, rechnen es die meisten Kameruner zu, dass ihre "unbezähmbaren Löwen" es in die WM-Endrunde geschafft haben. Nicht weit vom "Barça" hat man ihm ein improvisiertes Denkmal gesetzt.
In der faktisch zwischen Regierung und Rebellen geteilten Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire) ist das Nationalteam eine der wenigen Institutionen, die den Norden und den Süden des Landes verbindet: So war es schon vor vier Jahren. Doch ob das Team, das in der Vorrunde gegen Brasilien und Portugal bestehen muss, so glänzen kann wie damals, steht zu bezweifeln. Algerien, die einzige Mannschaft aus Nordafrika, ist zum ersten Mal seit 24 Jahren wieder bei einer WM vertreten. Dass die Equipe den siebenfachen Afrika-Meister Ägypten rauskickte, sorgte für Unruhen und diplomatische Spannungen zwischen den beiden Ländern.
Erfolgreiche Trainersuche
Für Nigeria gilt es schon als Erfolg, dass das Team rechtzeitig vor Beginn der WM einen Trainer gefunden hat. Der nationale Fußballverband gilt als notorisch chaotisch und korrupt. Ghana gilt - trotz des Ausfalls von Michael Essien - als vielleicht bestes afrikanisches Team. Am motiviertesten sind aber zweifellos die Gastgeber, die "Bafana Bafana", wie Südafrikas Team genannt wird.
Das Feiern ihrer Fußballhelden trainieren die Südafrikaner schon seit vergangenem Herbst. Seitdem ist der "Football Friday" Mode geworden. "Wir rufen alle Südafrikaner auf, Freitags im Trikot zur Arbeit zu gehen", fordert Vize-Präsident Kgalema Motlanthe seine Landsleute auf.
Die Fußball-Freitage, die selbst an der deutschen Botschaft in Pretoria begangen werden, sollen die allgemeine Stimmung heben - und das zuletzt schwächelnde Nationalteam zu Höherem beflügeln. Den Südafrikanern ist klar, dass ihr Team nur mit einer starken Fankurve Chancen hat. Seit Wochen schmücken die Fans deshalb sich, ihre Wohnungen und ihre Autos schon mit Flaggen und Landesfarben.