Rechtspopulist Wilders kämpft gegen sinkende Zustimmung
Seine Stimme klingt müde, sein Gesicht ist fahl - und selbst sein Markenzeichen, die wasserstoffblonde Haartolle, ist schütter geworden. Der Rechtspopulist Geert Wilders tritt längst nicht mehr auf wie der künftige Ministerpräsident der Niederlande. Nach den Meinungsumfragen wird seine "Partei für die Freiheit" (PVV) bei den Parlamentswahlen am 9. Juni nur viertstärkste Kraft werden.
02.06.2010
Von Annette Birschel

Noch vor wenigen Wochen erzielte Wilders mit seinen Warnungen vor einer "Islamisierung" des Landes und heftigen Attacken gegen Einwanderer spektakuläre Erfolge bei den Kommunalwahlen. Sein Sieg bei den Parlamentswahlen galt als sicher.

Doch nun ist Wilders "im verkehrten Wahlkampf", schreibt die überregionale Tageszeitung NRC Handelsblad. Denn wegen der Eurokrise hat die Wirtschaft die Themen Integration und Islam in den Hintergrund gedrängt. Nun steht eine klassische Entscheidung zwischen rechts und links an, zwischen den Sparplänen der rechtsliberalen VVD einerseits und dem Sozialprogramm der soziademokratischen PvdA andererseits.

Hohngelächter vom Publikum

Bei der jüngsten TV-Debatte der Spitzenkandidaten versuchte Wilders noch das Blatt zu wenden: "Warum sollen wir bei der Arbeitslosenhilfe sparen, während jährlich sieben Milliarden Euro für die Massenimmigration ausgegeben werden?" Dafür erntete er Hohngelächter vom Publikum.

Freilich kann der Rechtspopulist immer noch mit relativ viel Unterstützung rechnen: Laut den Umfragen wird seine Partei bei den Parlamentswahlen ihre Mandate immerhin verdoppeln. Und nach wie vor teile sogar die Mehrheit der Niederländer seine Ansichten, sagt der Wahlforscher Peter Kanne. "Aber die Leute haben genug von seinem harten Ton."

Zwei Drittel finden, dass Muslime sich völlig an die niederländische Kultur anpassen müssen. Auch Wilders' Forderung nach einem Verbot von Moscheen und einem Einwanderungsstopp für Muslime begrüßen viele. "Doch mit seinem Vorschlag, eine Kopftuchsteuer und den gezielten Knieschuss gegen marokkanische Kriminelle einzuführen, ging er für viele zu weit", sagt Kanne.

Angst vor Muslimen

Trotz der sinkenden Popularität bleibt die Angst der Muslime vor Wilders groß. Auf große Solidarität der Bevölkerung und der Parteien können sie nicht bauen. Nur einige linke Parteien nehmen klar gegen Diskriminierung Stellung und warnen vor einer weiteren Polarisierung des Landes. Auch die protestantischen Kirchen, die sonst jede Form von Rassismus verurteilen, halten sich zurück. Sie wissen, dass gerade unter den ultrakonservativen Calvinisten viele Wilders-Symphatisanten sind. Denn ebenso wie der Populist betrachten auch sie den Islam als eine minderwertige Religion und Kultur.

Die Mitte-Rechts-Parteien haben längst auf den Populismus reagiert und viele Forderungen von Wilders PVV übernommen. So will die rechtsliberale Partei VVD, die mit ihrem Spitzenkandidaten Mark Rutte Favorit ist, die Einwanderungs- und Integrationsregeln massiv verschärfen. Migranten, die den Sprachtest nicht bestehen, sollen ihre Aufenthaltsgenehmigung verlieren. Damit aber, so warnen Rechtsexperten, verstößt auch die VVD gegen EU-Verträge und UN-Konventionen. Auch die Christdemokraten von Ministerpräsident Jan-Peter Balkenende steuern einen harten Kurs bei der Integration. Und sowohl Christdemokraten als auch Rechtsliberale schließen eine Koalition mit Wilders nicht aus.

Mögliche Koalition?

Verloren hat der Rechtspopulist aus Venlo also noch lange nicht. Die einzig mögliche Koalition scheint ein Mitte-Rechts-Bündnis der Parteien von Rutte, Balkenende und Wilders. Auf diese Weise komme der islamfeindliche Politiker durch die Hintertür doch noch ans Ziel, warnt der Publizist Francisco van Jole: "Das wird den Niederlanden international schaden."

epd