Die ökumenische Bewegung feiert Geburtstag
Im Jahr 1910 trat im schottischen Edinburgh die Weltmissionskonferenz zusammen - sie gilt als Geburtsstunde der ökumenischen Bewegung. Eine viertägige Feier, die am Mittwoch am historischen Ort beginnt, erinnert an das Jubiläum.
31.05.2010
Von Stephan Cezanne

Vor 100 Jahren begann die moderne ökumenische Bewegung mit der ersten Weltmissionskonferenz in Edinburgh - damals freilich noch ohne römisch-katholische und orthodoxe Kirche. An dieses Datum erinnert eine Hundertjahrfeier vom 2. bis 6. Juni 2010 in der schottischen Hauptstadt. Die Weltmissionskonferenzen sind nach wie vor eines der wichtigsten Instrumente der Ökumene. Seit Edinburgh 1910 gab es 13 Versammlungen rund um den Erdball, zuletzt 2005 in Athen.

"Christus heute bezeugen"

Schottland war damals ein "Kompetenz-Zentrum" protestantischer christlicher Mission. Einige der berühmtesten Missionare waren Schotten. Beispiele sind der in Indien engagierte Alexander Duff (1806-1878) oder der Afrikaforscher, Geograf und Kämpfer gegen die Sklaverei, David Livingstone (1813-1873). Das 19. Jahrhundert insgesamt gilt als "Jahrhundert der Mission". In Edinburgh zog man eine Bilanz.

Die Jubiläumstagung 2010 steht unter dem Leitwort "Christus heute bezeugen" ("Witnessing to Christ today"). Mehr als 300 Teilnehmer aus den weltweiten Kirchen - ursprünglich geplant waren 1.500 Delegierte - wollen eine neue Richtung suchen für den Kurs der christlichen Mission im 21. Jahrhundert. Dabei sind diesmal Protestanten, Katholiken, Orthodoxe, Anglikaner, Evangelikale, Freikirchler, Charismatiker, Pfingstkirchler sowie Christen aus anderen Traditionen.

Die deutschen Teilnehmer aus evangelischen Missionswerken werten die Konferenz bereits jetzt als "historisch" ein. "Wohl noch nie hat ein breiteres ökumenisches Bündnis eine solche Konferenz vorbereitet", heißt es in einer Stellungnahme. Dies entspricht auch dem Wandel der geografischen Verhältnisse des Christentums seit 1910. Das Gravitationszentrum hat sich deutlich nach Süden verschoben, viele sprechen mittlerweile vom "Missionsfeld Europa".

Internationales Netzwerk

Der neuen Weltkarte des Christentums entspricht auch die Auswahl der Delegierten. 60 Prozent kommen aus der südlichen Hemisphäre, 50 Prozent sind Frauen und 20 Prozent sind laut Organisatoren unter 30 Jahre alt. Auf der Konferenz 1910 stammten von den 1.400 Teilnehmenden nur 17 aus der sogenannten Dritten Welt. Edinburgh 2010 sei dagegen ein buntes und "wahrhaft globales und wahrhaft ökumenisches Projekt und Ereignis", werben die Veranstalter.

In den vergangenen hundert Jahren wandelte sich zudem die Praxis der christlichen Mission vollständig. Die Edinburgher Konferenz von 1910 (Foto: epd-bild / WCC) stand noch im Zeichen des Kolonialismus, auch wenn es bereits dort kritische Äußerungen zum Eurozentrismus gab. Edinburgh 1910 verkörperte dem Weltkirchenrat zufolge einen "traditionellen, konservativen Missionsansatz, der die Verkündigung des Evangeliums an die Heiden mit der Ausbreitung der westlichen Kultur verknüpfte." Aktuell versteht sich die Mission der historisch gewachsenen Kirchen dagegen als internationales Netzwerk von Christen für Christen auf gleicher Augenhöhe und als Forum gleichberechtigter Partner.

Neben der Verbreitung der christlichen Botschaft geht es in der Weltmission auch um Hilfe bei akuten Notlagen oder um die Vermittlung bei Konflikten - etwa auf dem Weg zur Aussöhnung zwischen den Volksgruppen in Ruanda nach dem Völkermord von 1994. Auch für die Opfer der Tsunami-Katastrophe im Indischen Ozean im Dezember 2004 konnten internationale Missionswerke Hilfe vor Ort leisten.

Dialog mit anderen Religionen

In den vergangenen Jahren rückten zudem wieder spirituelle Fragen mehr in den Vordergrund. So befassten sich bei der Weltmissionskonferenz 2005 in Athen die Teilnehmer mit Versöhnung und Heilung. Eine Religion ohne heilende und rettende Kraft sei bedeutungslos, betonen Theologen. Einer der wichtigsten Mitveranstalter der Weltmissionskonferenzen ist der 1948 gegründete Ökumenische Rat der Kirchen in Genf.

Wie auf den großen christlichen Weltkonferenzen der vergangenen Jahre spielen auf Weltmissionskonferenzen auch die negativen Folgen der Globalisierung wie zunehmende Ungerechtigkeiten im Welthandel oder die Kluft zwischen Arm und Reich eine wichtige Rolle. Oftmals kam es hier zu kontroversen Debatten zwischen Kirchen aus den Industriestaaten und aus armen Ländern der südlichen Hemisphäre. Auch der Dialog mit anderen Religionen steht in Edinburgh auf der Agenda.

epd