TV-Tipp des Tages: "Offside – Frauen im Abseits" (Arte)
Einstimmung auf die Fußball-Weltmeisterschaft: Frauen sind im Iran beim Fussball nicht zugelassen. Als ein paar Mädchen versuchen, das Verbot zu umgehen, werden sie enttarnt und fetsgenommen.
28.05.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Offside – Frauen im Abseits", 2. Juni, 22.00 auf Arte

Der Film ist eine ausgezeichnete Einstimmung auf die Fußball-Weltmeisterschaft, und zwar für beide Geschlechter. Allerdings muss man wissen, dass Frauen im Iran beim Fußball nicht zugelassen sind: Die religiösen Führer sind der Meinung, das Gegröle, die Flüche und die Zoten seien ihnen nicht zumutbar. In seinem Film "Offside" ("Silberner Bär" bei der Berlinale) schildert der iranische Regisseur Jafar Panahi nun, wie eine Handvoll Mädchen vergeblich versucht, das Stadionverbot zu umgehen. Sie werden enttarnt und vorübergehend festgenommen. Fast dokumentarisch und in langen Einstellungen zeigt Panahi, wie die jungen Frauen ihre Aufpasser becircen, um doch noch einen Blick aufs Spielfeld zu erhaschen. Die jungen Wehrpflichtigen sind hin und hergerissen zwischen ihren Befehlen und dem Charme der Mädchen.

Fast ein Kammerspiel unter freiem Himmel

Natürlich hat Panahi (Buch, Regie, Produktion und Schnitt) seinen Film auch geschickt montiert, doch zu großen Teilen ist er tatsächlich "live" entstanden. Immer wieder streift die Kamera das Spielgeschehen; akustisch ist die Kulisse ohnehin permanent gegenwärtig. Trotzdem ist "Offside" (englisch für Abseits) fast ein Kammerspiel unter freiem Himmel, denn überwiegender Schauplatz ist der eingezäunte Bereich, in dem die Frauen eingepfercht sind. Der Rest der Handlung trägt sich in einem Bus zu, in dem sie zur Polizeistation chauffiert werden sollen. Dort kommen sie allerdings nie an, weil der Transport auf dem Weg ins Zentrum in einer riesigen Fete endet: Kurzerhand zerren die siegestrunkenen Fans die Bewacher aus dem Bus.

Dokument zivilen Ungehorsams

Vermutlich würden die Ayatollahs den Fußball am liebsten komplett verbieten. Panahis Film ist daher auch das Dokument zivilen Ungehorsams. Um den dokumentarischen Schein zu wahren, hat der Regisseur ausschließlich mit ungelernten Darstellern gearbeitet. Großes Glück hatte er mit dem Spielausgang. Wenn Iran nicht gegen Bahrain gewonnen hätte, wäre der Film unvollendet in einer Schublade verschwunden: Ohne Sieg hätte es keine Jubelszenen in den Straßen gegeben.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).