TV-Tipp: "Meine Frau, meine Freunde und ich" (SWR)
Keine fröhliche Komödie, sondern die Beschreibung eines rasanten Absturzes: Richard (Detlef Bothe) verliert erst Job und Familie und dann komplett den Boden unter den Füßen.
28.05.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Meine Frau, meine Freunde und ich", 1. Juni, 23.00 Uhr im SWR

Der muntere Titel führt auf eine falsche Fährte. "Meine Frau, meine Freunde und ich" ist nicht etwa eine fröhliche Komödie, sondern die Beschreibung eines rasanten Absturzes: Richard (Detlef Bothe), Nebendarsteller in einer Daily Soap, verliert erst Job und Familie und dann komplett den Boden unter den Füßen. Die Katastrophe nimmt ihren Lauf, als er nach der Geburtstagsfeier seiner launischen Frau Katja (Catherine Flemming) zudringlich wird. Die Auseinandersetzung endet in einem eigentlich harmlosen Handgemenge, doch Katja fällt in Ohnmacht und erwacht am nächsten Tag mit einem riesigen Bluterguss im Gesicht. Als sie auf Drängen ihrer Freundin zur Polizei geht, steht Richard als versuchter Vergewaltiger dar. Zu allem Überfluss bekommt er von seiner Produktionsfirma seine Papiere: Seine Rolle ist gestrichen worden. Daheim kommt er nicht mehr rein, weil Katja die Schlösser ausgetauscht hat. Die gemeinsamen Freunde des Paares lassen ihn abblitzen; von einem Tag auf den anderen steht er völlig allein da.

Freunde entpuppen sich als oberflächliche Figuren

Mit grimmiger und fast schon misanthropischer Zielstrebigkeit demontiert der Schauspieler Detlef Bothe (auch Buch und Regie) sämtliche handelnden Personen. Einzige Ausnahme bleibt Richard, der wie eine kafkaeske Figur durch ein Leben irrt, das aus allen Fugen geraten ist. Die vermeintlichen Freunde entpuppen sich ausnahmslos als oberflächliche Figuren, die ihr Leben zwischen Tralala-Telefonaten, Alkohol und flüchtigem Sex vertun. Kumpel Oskar (Oliver Korittke) nutzt gar die günstige Gelegenheit und macht sich dreist an Katja ran. Obwohl diese Nebenrollen von überraschend prominenten Darstellern (Dominik Raacke, Jürgen Tarrach, Steffen Wink) verkörpert werden, werden die Freunde allerdings gerade wegen der Überzeichnung zu Zerrbildern. Aber die Handlung nimmt ohnehin immer groteskere Züge an, als die Figuren nacheinander unter skurrilen Umständen zu Tode kommen; Richard stapft derweil wie ein Fremder durch sein eigenes Leben.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).