Bio kauft man nicht, weil's besser schmeckt
Bio-Lebensmittel sind nicht automatisch gesünder oder schmackhafter - so lautet das aktuelle Urteil der "Stiftung Warentest". Doch Biohersteller engagieren sich mehr für Soziales und Umwelt.
28.05.2010
Von Juliane Wienß

Bioprodukte haben in Deutschland längst die Marktnische verlassen: Kaum eine Drogerie, die neben Kosmetikartikeln und Fotoentwicklung nicht auch Ökokost anbietet. Kaum ein Supermarkt, der nicht mit der eigenen Bio-Linie wirbt. Nahezu jeder Deutsche packte nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung 2009 Lebensmittel mit dem Logo der grünen Bio-Wabe in seinen Einkaufskorb. Für Fans der Öko-Ernährung dürfte das aktuelle Urteil der "Stiftung Warentest" bitter sein: Bioprodukte stehen im Durchschnitt nicht besser da als herkömmliche Produkte.

Nicht überall glänzten Bioprodukte mit Qualität

Doch ihre größten Versprechen, auf Schadstoffe zu verzichten sowie ökologische Verantwortung zu zeigen, erfüllte die durchschnittlich 30 bis 50 Prozent teurere Bioware. Aber das Argument, gesünder oder gar schmackhafter zu sein, trifft nicht, wie das Fazit der Stiftung aus 85 Lebensmittel-Untersuchungen in den vergangenen acht Jahren zeigt. Dabei wurden 249 biologische und 1007 konventionelle Lebensmittel auf Schadstoffe, Keime, Geruch, Geschmack und auf Nachhaltigkeit geprüft.

Babybreis erwiesen sich als keimfrei, enthielten aber zu wenig Vitamin C und Fett. Rapsöl-Sorten fielen durch, weil sie geschmacklich ungenießbar waren. Andere Produkte scheiterten an üblichen Erwartungen: So war ein Kartoffelbrei den Testern zu "kleistrig" und die Schaumhaube eines Bio-Cappuccino einfach zu "großporig".

Nur in zwei Tests trumpfte Bio deutlich auf: Ohne Bestnote, aber immerhin "gut" schnitten sechs von sieben Bio-Sorten frischer Vollmilch ab, bei der konventionellen Konkurrenz war es nur fünf von zwölf. Bei Würzölen, mit denen sich beispielsweise Salate verfeinern lassen, stellten vier Öko-Marken eine erschreckend "mangelhafte" Konkurrenz in den Schatten.

Verbesserte Nicht-Bioprodukte

Dass sowohl Bio- als auch bei konventionelle Lebensmitteln die Kopfnoten "sehr gut" bis "mangelhaft" erhielten, spricht immerhin auch ein wenig für die verbesserte Nicht-Bioprodukte. "Die konventionelle Landwirtschaft arbeitet heute auch anders als vor 20 Jahren", sagt der Sprecher des Deutschen Bauernverbandes, Michael Lohse. Das Motto "viel hilft viel" gelte beim Düngen und Pflanzenschutzmittel nicht mehr.

In den Untersuchungen von "Stiftung Warentest" schlägt sich auch insgesamt ein sorgsamerer Umgang mit Pestiziden nieder: 91 Prozent herkömmlicher Tees und Früchte lagen unter den gesetzlichen Höchstgehalten. Tendenziell sinke die Schadstoffbelastung.

Nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes produzieren 5 bis 6 Prozent der Landwirte Bioware in Deutschland. Auf dem Markt gelten längst schon die Kampfpreise der Discounter, wo die Deutschen 2009 mehr als die Hälfte ihrer Bio-Einkäufe erledigten. Die Früchte und Gemüse stammen aus der ganzen Welt. "Der Philosophie, sich umweltbewusst zu ernähren, würde es eher entsprechen, zum heimischen Apfel zu greifen, als zur Bio-Banane, die eingeflogen werden muss", meint Bauernverbandssprecher Lohse.

Nachhaltigkeit ist ausschlaggebend

Das Gefühl jedoch, etwas Gutes für sich selbst oder die Umwelt zu tun, bleibt den Bio-Käufern vorbehalten: Das Biosiegel der EG-Ökoverordnung verpflichtet zum Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel, mineralischen Stickstoffdünger und vorbeugende Medikamente für Tiere - und daran scheinen sich der "Stiftung Warentest" zufolge die Biohersteller zu halten. Zudem engagierten sie sich weit mehr als konventionelle Anbieter sozial und ökologisch.

Nach Ansicht des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) ist diese Nachhaltigkeit für das Urteil über Lebensmittel ausschlaggebend: "Zur Gesundheit des Menschen gehört, dass die von ihm gekauften Lebensmittel umwelt-, tier- und ressourcenschonend erzeugt werden", meinte der Geschäftsführer Alexander Gerber.

Die Bio-Käufer können sich immerhin auch relativ sicher sein, dass der Bio-Aufpreis zumeist auch beim Erzeuger ankommt.

dpa